Ahnenforschung in dunklen Zeiten
Jo Lendle wurde 1968 geboren und studierte Kulturwissenschaften und Literatur in Hildesheim, Montreal und Leipzig. Heute ist Jo Lendle Verleger des Hanser Verlags und schreibt selbst Romane, die bei der Deutschen Verlags-Anstalt veröffentlicht werden. Für sein neues Buch „Eine Art Familie“ wechselte der Verleger und Autor zum Penguin Verlag. Lendle hat die persönlichen Aufzeichnungen seines Großonkels durchwühlt, der als Homosexueller und Nazigegner ein Leben in innerer Isolation führte. Das Ergebnis: sein erster biografischer Roman, der die Verstrickungen seiner Familie mit dem NS-System aufdeckt.
Es ist auch ein Buch über die Erinnerung. Wie konstruieren wir unsere Überlieferungen? Welche Geschichten werden weitererzählt? Welche nicht? Das kennt jede Familie.
Jo Lendle
Die Familie kann man sich nicht aussuchen
Man sucht sich die Zeiten nicht aus, in die man gerät und die einen prägen. So wie Lud und Alma. Lud, 1899 geboren, und sein Bruder Wilhelm verehren Bach und Hölderlin und teilen dieselben unerreichbaren Ideale. Wilhelm, der früh in die nationalsozialistische Partei eintritt, misst andere daran, Lud sich selbst, was ihn ein Leben lang mit sich hadern lässt. Alma hat ihre Eltern schon als Kind verloren. Ihr Patenonkel Lud, wenig älter als sie selbst, und seine Haushälterin werden ihr eine Art Familie werden. Als Professor für Pharmakologie erforscht Lud den Schlaf und die Frage, wie man ihn erzeugen kann. Während er die Tage an der Universität verbringt, kann Alma zu Hause nicht aufhören, an ihn zu denken. Als er beginnt, Giftgas zu erforschen, erzählt er ihr nichts davon. Sein Ringen mit den hehren Idealen wird verzweifelter. Denn da ist auch noch Gerhard, an dessen Seite er im Ersten Weltkrieg kämpfte, den er nicht aus seinem Kopf bekommt. – Penguin Hardcover
detektor.fm-Moderator Claudius Nießen spricht mit Jo Lendle über sein neues Buch „Eine Art Familie“.