Ein Vorleser aus der Wohnsiedlung
Paul Bokowski ist nicht nur als Autor, sondern auch als Vorleser bekannt. Er ist Gründer der Berliner Lesebühne „Fuchs und Söhne“. Außerdem hat er 2022 PEN Berlin mitgegründet, eine Vereinigung deutschsprachiger Schriftsteller und Schriftstellerinnen. Einen Namen hat sich Bokowski schon mit seinem Kurzgeschichtendebüt „Hauptsache nichts mit Menschen“ gemacht. Darauf folgten die Kurzgeschichten „Alleine ist man weniger zusammen“ sowie „Bitte nehmen Sie meine Hand da weg“. Vor kurzem ist Bokowskis Romandebüt „Schlesenburg“ erschienen. Der Roman ist an Bokowskis eigene Biografie angelehnt: Der deutsch-polnische Autor ist in einer westdeutschen Wohnsiedlung aufgewachsen.
Heimweh und Heimat
Schlesenburg wurde sie genannt, unsere Siedlung am Stadtrand, in der im Sommer 89 die Wohnung der Galówka brannte. Sechzig Familien waren wir, fast allesamt aus Polen. Und plötzlich ging die Angst um, jetzt würden hier bei uns Rumänen oder Russlanddeutsche einziehen. Die halbe Burg schaute mit Abscheu auf das Asylbewerberheim, wo sie alle wohnten, und mit zu viel Stolz darauf, dass man es selber hinter sich gelassen hatte. Es war das Jahr, in dem das neue Mädchen in die Siedlung zog, das Jahr, in dem Darius verschwand, in welchem Mutter nur Konsalik las und ich zu spät begriff, dass Vater mit der ausgebrannten Wohnung seine eigenen Pläne hatte.
„Schlesenburg“ erzählt von Flüchtlingen und ihren Hiergeborenen, von Heimweh und einer neuen Heimat. Ein so warmherziger wie bittersüßer Roman über den Traum von Anpassung und Wohlstand – und die Frage, wo man hingehört, wenn man nicht weiß, wo man hergekommen ist. — Penguin | btb
detektor.fm-Moderatorin Anja Bolle spricht mit Paul Bokowski über sein Buch „Schlesenburg“ und das Leben in einer westdeutschen Wohnsiedlung