Netflixierung: Braucht das Buch eine Revolution?
Hybrid, sozial und multimedial – wie die Digitalisierung unser Leseverhalten beeinflusst, hat der Sprachwissenschaftler Henning Lobin in seinem Buch „Engelbarts Traum“ beschrieben. Das gedruckte Buch scheint mit der technischen Entwicklung nicht mithalten zu können. Auch das E-Book begeistert die Smartphone-Generation weniger als erwartet: Nur knapp 10 Prozent der 14- bis 29-Jährigen nutzen solche Angebote.
Das gedruckte Buch hat sich in der Vergangenheit kontinuierlich gewandelt. Wir haben die falsche Vorstellung davon, dass das Buch ein Medium ist, das sich über Jahrhunderte nicht bewegt hat. – Svenja Hagenhoff, Buchwissenschaftlerin an der Universität Erlangen.
In einer schnelllebigen Zeit sieht man immer weniger junge Menschen, die unterwegs ein Buch lesen. Der Griff zum Smartphone ist offenbar beliebter: Etwa 81 Prozent der unter 30-Jährigen nutzen das mobile Internet. Doch das Lesevergnügen auf Smartphones beschränkt sich meistens auf Apps, Nachrichten und soziale Medien. Wie kann man die anscheinend desinteressierte Smartphone-Generation wieder für Literatur begeistern?
All you like to read vs. Fortsetzung folgt
Neue Geschäftsmodelle braucht das Buch. Der Verlag Bastei Lübbe orientiert sich dabei an Spotify und Netflix. Für eine Grundgebühr von knapp sechs Euro soll man so viele Romane lesen können, wie man möchte. Ab Herbst soll die „Binge-Reading“-Idee als Plattform „Oolipo“ für das Lese-Publikum auf dem Markt erhältlich sein. Die Plattform will mit dem Nutzer agieren, ähnlich wie es andere Streamingportale tun. Das Konzept des digitalen Storytellings gleicht einer „Netflixierung“ oder „Spotifyisierung“.
„Netflixierung“ für digitales Storytelling. „Responsiv“ Leseserien anstatt eBooks (smartphone only user). Beispiel: #oolipo #eBookCamp
— Teekesselchen (@tee_kesselchen) 7. November 2015
Eines anderen TV-Prinzips bedient sich der Verlag Hanser. Zusammen mit Tilman Rammstedt hat man einen Abo-Roman entwickelt. Per Mail oder Whatsapp wird täglich ein Kapitel an den Abonnenten geschickt – Cliffhanger inklusive. Diese Idee könnte eine Lösung für die schwindende Aufmerksamkeitsspanne sein. Auch der Verlag Voland & Quist hat mit dem Abo-Konzept von „A Story A Day“ versucht, dieses Problem zu lösen.
Gut portionierte Inhalte, die Literatur für die Smartphone-Generation marktfähig machen. Die neuen Konzepte für jüngere Leser klingen revolutionär. Ob man das Buch immer mehr an die Digitalisierung anpassen muss, hat detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser mit der Buchwissenschaftlerin Svenja Hagenhoff besprochen.
Redaktion: Johanna Siegemund