Piratensender für die Vielfalt
Für die British Broadcast Corporation war Massenkultur ein durchaus negativer Begriff. Deswegen gab es vor den 1960er Jahren nur wenige Radioprogramme, die junge Menschen ansprachen. Damit war an Rock’n’Roll in der BBC nicht zu denken. Das war vielen zu langweilig – sie gründeten die legendären Piratensender. Sie sendeten innovative und zum Teil verbotene Musik von Schiffen aus der Nordsee. Von außerhalb der Hoheitsgewässer erreichten die Radiopiraten Großbritannien, Belgien, Luxemburg, die Niederlande und West-Deutschland. Dadurch wurden ihre DJs schnell zu gefeierten Popstars.
Die ‚Alten‘ lauschten um 1967 Ratgeber- oder Unterhaltungssendungen an der röhrenbestücken Radiotruhe. Die ‚Jungen‘ in Ost und West zogen damals mit ihren Transistorradios um die Häuser. – Joachim Dresdner, MDR
Summer of Love
Dann kam das Jahr 1967 – der Höhepunkt der Hippie-Bewegung. Aus den Transistorradios kam der Protestsound gegen den Vietnamkrieg. Das Jahr, in dem Konrad Adenauer starb und in Bolivien Che Guevara hingerichtet wurde, war allerdings das letzte vieler Piratensender. Denn in Großbritannien ging die Regierung mit einem Gesetz gegen Piratensender aus der Nordsee vor.
Mit der Verabschiedung des „Marine Broadcasting Offences Act“ stellten somit fast alle britischen Seesender bis zum 14. August 1967 ihren Betrieb ein. In den folgenden Jahrzehnten wurde sich auf dem Festland immer wieder auf das Konzept der illegalen Radiosender berufen. Somit gelten die Piratensender als Wegbereiter der vielseitigen Radiolandschaft in Europa.
Vor 50 Jahren bot die Mittelwelle eine riesige Senderauswahl, wie heute das Internet. – Joachim Dresdner
Wie die Zeiten des Piratenradios klingen, zeigt Joachim Dresdner in seinem Klangstück Der Sound von 1967.
Redaktion Joel Lander