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111118-2o UDI Tango (24) | CC BY 2.0

Reisen | Internationales Tango-Festival in Medellín

Die zweite Heimat des Tangos

Wenn Tango-Tänzer über das Parkett gleiten, strahlt das Leidenschaft, Anmut und Stärke aus. Die Heimat des Tanzes befindet sich bekanntlich in Argentinien. Doch der Tango hat noch eine zweite Heimat in Lateinamerika: Die Stadt Medellín in Kolumbien. Die Journalistin Marinela Potor hat sich von der Leidenschaft der Tänzer anstecken lassen.

Jedes Jahr kommen in Medellín hunderte Menschen zusammen, um eine Leidenschaft zu teilen: den Tango. Beim Internationalen Tango-Festival Ende Juli treffen sie sich, um zusammen zu feiern und zu tanzen.

Tragische Verbundenheit

Die Stadt ist durch eine tragische Geschichte mit dem Tango verbunden: 1935 verunglückte der Urvater des Tangos Carlos Gardel bei einem Flugzeugunglück in Medellín tödlich. Seitdem beeinflusst der Standardtanz die Millionenstadt.

Die Journalistin Marinela Potor reist mit offenen Augen durch die Welt und hat die Tango-Tänzer in Medellín besucht. In ihrem Reise-Bericht erzählt sie von den Begegnungen mit den Menschen vor Ort.

Marinela Potor - hat sich in Medellín von der Leidenschaft der Tango-Tänzer anstecken lassen

hat sich in Medellín von der Leidenschaft der Tango-Tänzer anstecken lassen
Marinela Potor
Die zweite Heimat des Tangos 05:14

Redaktion: Laura Zachmann


 

Der Beitrag zum Mitlesen:

Mit ihm beginnt alles – Claudio Gardel. Vater des modernen Tangos. Gardel holt in den 20er Jahren den Tango aus den Vororten von Buenos Aires und macht ihn salonfähig. Er gibt dem Tango Texte und eine Seele, seine Seele – und macht den Tango damit schlagartig in ganz Lateinamerika und darüber hinaus berühmt.

Doch so legendär seine Musik, so groß das Mysterium, das sein Leben umgibt.

Keiner weiß und es wird immer ein Mysterium bleiben, wo Gardel geboren wurde. Darüber streiten sich Franzosen, Uruguayer und Argentinier. Aber es gibt eine unerschütterliche Tatsache: Gardel ist in Medellín gestorben ist. Und durch diesen Tod werden wir in der Welt als Tango-Stadt anerkannt und es belebt noch mehr die große Tango-Kultur, die es ja schon vor dem Tod von Gardel in Medellín gab. – Viviana Jaramillo

Viviana Jaramillo, preisgekrönte Tangotänzerin und Leiterin des Tanzstudios “Apuro Tango” ist sich sicher, wenn Tango schon vor diesem Unfall in Medellín beliebt war, macht Gardels Tod den Tango in Medellín unsterblich. Sein tragischer Unfall erschüttert ganz Lateinamerika. Geblieben sind in Medellín die glühende Verehrung für Gardel und die Liebe zum Tango.

Kulturzentrum Manrique, auch liebevoll “La Gardeliana” – das Gardel-Haus – genannt. Ein älteres Pärchen schmiegt sich über die Tanzfläche. Der Tanzlehrer korrigiert aus dem Hintergrund. Manrique, ein traditionelles Arbeiterviertel, ist der Stadtteil, in dem der Tango auch heute noch am lebendigsten ist. Hier hat ihn auch Mauricio Galarzo entdeckt – und zu seiner Lebensform gemacht.

Meine ersten Tangoschritte hat mir ein Lehrer aus meinem Stadtviertel Manrique beigebracht. Ich bin also dort zu der Feier eines Schutzheiligen in die Kirche im Viertel gegangen – und da hab ich einige Kinder Tango tanzen sehen. Das hat mir so gut gefallen und mich so stark beeinflusst, dass ich danach sofort angefangen habe Tanzunterricht zu nehmen. – Mauricio Galarzo

Seit diesem Moment hat Mauricio Galarzo mit dem Tanzen nicht mehr aufgehört. Er ist professioneller Tänzer geworden und staubt seit Jahren bei internationalen Wettbewerben mit seinen kolumbianischen Kollegen sämtliche Tango-Preise ab. Trotz dieser Erfolge ist Tango in Medellín immer noch ein Geheimtipp. Denn die Orte, an denen Tango getanzt, gesungen oder gehört wird, sind sehr versteckt. Die meisten Tangocafés sind in der wenig touristischen Innenstadt, unscheinbar und hart zu finden, wenn man nicht weiß wonach man sucht. Das Café Malaga ist eins davon.

Es ist 2 Uhr nachmittags, aus den Lautsprechern klingt klassische Tangomusik. Es fällt auf, dass vor allem Männer im Malaga sitzen. Frauen sind in Medellín in der Tango-Szene eher rar. Carmen Usuaga, professionelle Tangosängerin aus Leidenschaft, ist eine der wenigen Frauen, die sich voll und ganz dem Tango widmen.

Manchmal ist das schwierig. Da kommen Sprüche wie: “Warum singst du?” oder “Warum singst du so?”, also als ob ich mich mehr anstrengen müsste, um eine Sache zu machen, die jeder Mensch machen kann – nur weil ich eine Frau bin. Aber ich höre nicht auf und wenn ich irgendetwas höre, merke ich mir das zwar, aber ich mache trotzdem weiter, mit dem was ich machen möchte. – Carmen Usuga

Vielen anderen Sängerinnen fehlt diese Stärke. Denn gerade den Frauen hängt noch immer der Schmuddelruf von Gewalt und Vulgarität im Tango nach. Das ändert sich aber langsam. So haben sich zum Beispiel Tangoliebhaber, Sänger, Musiker und Tänzer sowie die Stadt Medellín zusammengetan und organisieren gemeinsam schon seit 2007 jedes Jahr eine Woche im Juni eine Neuauflage des Internationalen Tangofestivals. So will Organisator Julio Sierra den Tango aus den versteckten Winkeln herauszuholen und für alle sichtbar, fühlbar und erlebbar machen.

Wir haben diesen großen Vorteil, dass Medellín ein Bezugspunkt ist für Tangoliebhaber, für Menschen, die den Todesort von Gardel sehen möchten und für alle, die wissen, dass in Medellín viel Tango gespielt und konsumiert wird. Deswegen kommen während des Festivals viele hierher zum Tanzen, zum Musikhören oder einfach nur, um das Festival zu erleben. Das Festival hat wirklich großen Zuspruch. Alle Veranstaltungen sind auch gratis, sodass wir immer komplett ausgebucht sind und auch immer mehr Leute aus aller Welt zu uns kommen. – Julio Sierra

Der Tango in Medellín mag vielleicht noch nicht so sichtbar und viel improvisierter sein als in Buenos Aires, aber wer sich einmal auf die Reise begibt, wird in Medellín Liebe und Leidenschaft für den Tango finden, wie an kaum einem anderen Ort der Welt.

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