Hallo Declan, erzähl doch mal von deinem Werdegang.
Ich bin ungefähr seit zwei Jahren in der Industrie. Ich hab meinen Master in England gemacht und in einem kleinen Indie-Studio als Designer gearbeitet. Ich hab mich immer schon für die Politik rund ums Arbeitsrecht interessiert. Meine Eltern waren Gewerkschaftler. Und in der Uni wurde uns immer erzählt, dass es Crunch-Kultur und viele intrinsische Probleme in der Games-Industrie gibt. Als ich von Game Workers Unite gehört habe, habe ich ihnen direkt eine E-Mail geschrieben. Ich hätte aber nicht gedacht, dass ich derjenige sein würde der den britischen Ableger von Game Workers Unite gründen und koordinieren würde. Aber kein anderer wollte es machen, also hab ich es gemacht. Und jetzt gründen wir eine Gewerkschaft im Vereinigten Königreich.
Im Vereinigten Königreich ist ja auch der Geburtsort der Gewerkschaftsbewegung. Wissen bei euch viele junge Leute was Gewerkschaften sind?
Nein. Junge Leute wissen das nicht, und das ist ein großes Problem, auf das wir immer wieder gestoßen sind. Die Menschen verstehen nicht so ganz die Rolle der Gewerkschaften im modernen Arbeitsrecht, vor allem im Vereinigten Königreich.
Wie erklärst du jungen Leuten, was eine Gewerkschaft ist?
Ich erkläre, dass man sich in der Gewerkschaft unabhängig vom Arbeitgeber trifft und sagt: Okay, wir haben Macht, wir könnten zum Beispiel streiken oder dein Geschäft stören, wenn du nicht mit uns verhandelst, um unsere Situation zu verbessern, zum Beispiel die Bezahlung. Viele verstehen nicht, dass es das ist, was eine Gewerkschaft macht. Viele wissen nicht, dass es das ist, wofür Gewerkschaften gegründet wurden. So erkläre ich es und das lieben junge Leute dann. Das klingt für sie großartig.
Ja, ich finde es witzig, dass wir jetzt in der Gaming-Branche so viel über dieses sehr alte Konzept der Gewerkschaften sprechen.
Ja, in der Tech-Industrie ist das total interessant, weil sie sich gegründet hat, als die Gewerkschaften gerade sehr schwach waren, in den Neunzigern. Und jetzt ist es zu einem Punkt gekommen, an dem wir sagen: Es gibt echt Sachen, die wir tun könnten. Wir können zusammen verhandeln und für eine bessere Situation kämpfen.
Wie habt ihr den Launch von Red Dead Redemption 2 erlebt?
Das war interessant. Rockstar verhält sich bekanntermaßen nicht so großartig gegenüber seinen Mitarbeitern. Es ist einfach so eine riesige Organisation. Und die Dinge, die sie produzieren, sind so riesig. Ich habe von Leuten gehört, die dort in der Qualitätssicherung arbeiten, dass ihre Arbeitsstunden schlecht und dass Überstunden verpflichtend sind und erwartet werden. Aber es war interessant als Dan Houser stolz getwittert hat, dass manche von ihnen vor Release 100-Stunden-Wochen gearbeitet haben. Und dann gab es diesen Backlash, vor allem wegen Bewegungen wie unserer, die diese Zustände kritisieren. Deswegen kam dieses Thema an die Öffentlichkeit. Das ist natürlich toll für uns. Aber es ist schrecklich, dass so etwas heute noch passiert. Er hat es dann zurück genommen und gesagt, dass es nur er und ein paar Writer waren. Aber ich hab mit vielen Rockstar-Mitarbeitern gesprochen und ich weiß, dass sie sehr viele Überstunden machen. Aber das sind normale Probleme in der Triple-A-Industrie. Diesmal sind sie halt aufgrund der Größe des Unternehmens an die Öffentlichkeit geraten.
Also würdest du sagen, dass das normale Probleme in der Games-Industrie sind?
Die gab es schon immer. Aber immer mehr Leute in der Industrie kritisieren diese Verhältnisse. Beim Dan-Houser-Tweet war so interessant, dass dann Josh Sawyer, Designer von „Fallout: New Vegas“ gesagt hat, dass so etwas nicht okay ist.
Welche anderen Probleme gibt es noch in der Games-Industrie?
Das was bei Rockstar passiert, ist bei anderen Firmen nicht wirklich anders. Es gibt da Crunch-Time, kurze instabile Verträge – nicht nur für Qualitättssicherer sondern auch für Entwickler. Es gibt schlimme Arbeitskulturen nicht nur gegen Frauen und People of Color. Ja, das gibt es alles häufig. Man hört von Crunch, schlimmen Verträgen und Gehältern bei Rockstar, bei Ubisoft, bei Sega, bei jeder großen Firma. Rockstar ist überhaupt nicht besonders.
Aber es hat sich etwas geändert, weil jetzt die Öffentlichkeit drüber redet.
Ja klar, dass wir jetzt drüber reden und dass Dan Housers Kommentare so einen Backlash hatten, ist ein richtig gutes Zeichen. Ich glaube, vor anderthalb Jahren hätte das niemanden interessiert.
Was macht ihr gerade, um Spieleentwicklern zu helfen, sich zu organisieren?
Wir versuchen, selbst eine Gewerkschaft zu werden. Wir schließen uns einer großen Gewerkschaft an und wollen in der ganzen Industrie im Vereinigten Königreich agieren können.
Und dann?
Ich will versuchen, mehr Mitglieder zu rekrutieren. Und wir wollen herausfinden, was wir wirklich für Entwickler tun können. Zum Beispiel in Bezug auf Crunch. Wollen wir Studios dafür belohnen, wenn sie keinen Crunch haben? Oder wollen wir mit Studios verhandeln, die für Crunch stehen? Wir wollen das in einem langen Prozess herausfinden. Wenn alles ratifiziert ist, fängt die richtige Arbeit an.
Was können die Konsumentinnen und Konsumenten denn tun, um die Entwickler zu unterstützen?
Wenn sie nicht boykottieren, dann sollten sie Entwicklern sagen, was sie von diesen Dingen halten. Sagt den Entwicklern: Ich will euer Spiel nicht spielen, weil ich weiß, wie ihr eure Entwickler behandelt. Als Entwickler, weiß ich, dass wir sehr genau hinhören, wenn die Spieler mit uns reden. Wenn Entwickler merken, dass die Spieler sich für diese Dinge interessieren, dann denken sie vielleicht um. Ich glaube, ein Boykott würde nicht funktionieren, aber man kann immer andere über die Gewerkschaftsbewegung informieren.