Soziale Netzwerke sind längst Massenphänomene. Jüngere Generationen offenbaren viel über ihr Gefühlsleben im Netz: angefangen bei vielsagenden Partyfotos (mit zurückhaltender Bekleidung und demonstrierter Trinklust) über den Beitritt zu peinlichen Gruppen (wie „Ich hab kein Problem mit Alkohol, nur ohne“) bis hin zu vielsagenden Statusmeldungen, die der Welt mitunter zeigen: der Nutzer „ist in einer Partnerschaft“ oder „ist single“. Es geht um den Spaß am Netzwerken – und am Beobachten. All das ganz unbeschwert, denn wer mitlesen darf (also: wer „Freund“ wird), bestimmt man ja selbst.
In jüngster Zeit aber entdecken auch immer mehr Eltern die sozialen Netzwerke, kreieren dort eigene Profile, und freuen sich oftmals auf eines: mit ihren Kindern in Kontakt zu bleiben. Für viele Jugendliche wird dieser Moment zur Herausforderung: plötzlich wollen die eigenen Eltern in die Gruppe der „Zuschauenden“ aufgenommen werden. Und je nach Vertrauensverhältnis wird das zur mittelschweren Krise: denn lehnt man die „Freundschafts-Einladung“ von Mutti und Vati ab, macht man sich verdächtig – lässt man sie zu, bröckelt das Bild vom fleißig studierenden Kind möglicherweise in Sekunden. Treten Eltern sozialen Netzwerken bei, reagieren viele Kinder folglich ratlos bis empört. Sie fühlen eine Art Eindringen in einen privaten Raum. Doch warum ist das so? Warum reklamieren Jugendliche diese Netzwerke für sich? Wolfgang Reißmann forscht an der Universität Erfurt über Identitätsarbeit Jugendlicher in sozialen Netzwerken – und hat mit uns genau darüber gesprochen: