Ein neuer „Kulturkampf?“
Ein Indianerkostüm zu Karneval tragen, als Weißer mit schwarzer Musik berühmt werden oder Dreadlocks tragen – in all diesen Fällen wird der rassismuskritische Vorwurf einer „kulturellen Aneignung“ erhoben, die Aneignung eines fremden Kulturguts, seine Trivialisierung und Kommerzialisierung.
Die Kunstwelt schien sich bisher in den Debatten über Identitätspolitik und kulturelle Aneignung immer in einer Sonderrolle gesehen zu haben. Herkunft, Religion, Geschlecht spielten hier – scheinbar – keine Rolle. Doch das ist mittlerweile anders, Künstler, Kuratoren, Aktivisten sind mittendrin in den Debatten.
At the Whitney, a protest against Dana Schutz‘ painting of Emmett Till: „She has nothing to say to the Black community about Black trauma.“ pic.twitter.com/C6x1JcbwRa
— Scott Y. (@hei_scott) 17. März 2017
Nur ein Beispiel von vielen: Im März hat ein Bild der US-Künstlerin Dana Schutz, das den ermordeten Afroamerikaner Emmett Till zeigt, auf der Whitney-Biennale in New York für Proteste gesorgt. Im Netz wurde ein Boykott der Ausstellung gefordert, sogar eine Zerstörung des Kunstwerks.
Der afroamerikanische Künstler Parker Bright stellte sich vor das Bild, mit dem Rücken zu Ausstellungsbesuchern. Auf seinem Shirt ist der Aufdruck „Black Death Spectacle“ zu sehen.
Debatte über „Kulturelle Aneignung“
Fälle wie dieser stellen die Frage nach den Grenzen künstlerischer Freiheit und der Möglichkeit, als Künstler mit einem bestimmten kulturellen Hintergrund bestimmte Themen künstlerisch zu thematisieren. „Monopol“ hat mit Künstlern und Kuratoren zu diesem Thema gesprochen. Der Tenor: So wichtig die Debatten auch für Europa sind, so problematisch ist die Art und Weise, wie sie – inbesondere im Netz – geführt werden. Bleibt Künstlern in Zukunft nur noch die Selbstzensur?
Monopol-Chefredakteurin Elke Buhr skizziert, an welchen Fronten ein „neuer Kulturkampf“ in der Kunstwelt verläuft.