Am Sonntag noch zeigen sich viele Gäste der 75. Golden Globe Awards solidarisch in schwarzer Abendgarderobe. Sie sprechen sich damit gegen sexuelle Übergriffe an Frauen aus. Schon einen Tag später veröffentlicht die französische Zeitung LeMonde einen offenen Brief gegen die #MeToo-Debatte. Der Brief wurde unter anderem von Catherine Millet verfasst. Sie ist Publizistin und außerdem Chefredakteurin des Kunstmagazins artpress. Knapp 100 Frauen haben ihn unterschrieben.
Die Ambivalenz der Catherine Millet
Catherine Millet hat 2001 ihre Autobiografie Das sexuelle Leben der Catherine M. veröffentlicht. Die wurde damals schon als sehr fortschrittlich und frei besprochen. Vermeintliche Tabuthemen hat Millet einfach angesprochen. Als Kunstkritikerin tritt sie ganz anders auf, meint Elke Buhr.
In ihrer Autobiografie beschreibt sie, wie lustvoll es ist, sich von 50 Männern, die sie nicht kennt, an einem Abend nehmen zu lassen. Wenn sie als Kunstkritikerin Interviews gibt, dann sitzt sie vor einem Donald Judd-Gemälde. Also männlicher Minimalismus, super abstrakt und reduziert. Man fragt sich wie passt das zusammen. – Elke Buhr, Monopol
Wie Catherine Millet auf die Debatte um #MeToo reagiert findet Elke Buhr wiederum sehr passend. Als Kunstkritikerin folgt Millet einer Tradition, die sexuelle Freiheit als wichtigen Teil der Französischen Revolution sieht.
Die sexuelle Überschreitung wird über das gestellt, was jetzt die #MeToo-Debatte fordert nämlich Respekt vor den Frauen. Aus einer Angst heraus diese sexuelle Freiheit zu verlieren. – Elke Buhr
Wandel oder Zensur?
Im Rahmen der #MeToo-Debatte werden auch viele Künstler beschuldigt. Einige boykottieren daher Ausstellungen beschuldigter Künstler oder demonstrieren, wie kürzlich bei der Auszeichnung von Roman Polanski in der Cinémathèque Française. Für Catherine Millet grenzt das an Zensur. Für Elke Buhr ist das eine natürliche Verschiebung der Sensibilitäten.
Über den offenen Brief und die Debatte um #MeToo spricht Elke Buhr mit detektor.fm-Moderatorin Isabel Woop.