Eigentlich kann Conor Oberst machen was er will. Der Mob wird es ihm abnehmen. Oder anders formuliert: Wer einmal zum Wunderkind erkoren wird, zum Sprachrohr einer jungen Songwriter-Generation, der wird diese Bürde so schnell nicht mehr los. Auf der neuen Bright-Eyes-Platte erwidert Conor Oberst dem ein lakonisches „Used to dream of time machines / Now it’s been said we’re post-everything“.
Sein halbes Leben hat der 31-jährige mit Bright Eyes verbracht. Begonnen als Ein-Mann-Projekt, haben sich mittlerweile seine Wegbegleiter Mike Mogis und Nate Walcott als feste Bandbesetzung manifestiert. Dazwischen gab es Solo-Ausflüge und andere Band-Projekte, wie die Monsters Of Folk. Nun also wieder Bright Eyes. Album Nummer sieben.
Für Nichtkenner ist The People’s Key der optimale Einstieg in das Oeuvre des Conor Oberst, fast eine Art Querschnitt durch alles Bisherige. Das verspulte Folk-Lied, der treibende Popsong, vereinzelt elektronische Ansätze, die traurige Piano-Ballade – alles, für das Conor Oberst so vergöttert wird, findet auf The People’s Key seinen Platz. Jedoch ist das Brüchige in seiner Stimme, die Verzweiflung und Unsicherheit, einem breiteren Sound gewichen. Die Folk-, Country- und Americana-Pfade haben Bright Eyes oft genug beschritten. Das Versprechen, es würde das rockigste Bright Eyes-Album werden, löst Oberst spätestens in Jejune Stars ein.
Thematisch schlägt das Album eine neue Spiritualität ein. Gleich zu Beginn meldet sich eine düstere Stimme zu Wort, mit einem wirren, guruhaften Monolog über biblische Prophezeiungen, Hitler und die Balance der Elemente. The People’s Key, zu Deutsch „Die Tonart der Menschen“ packt die heißen Eisen an: Der Mensch in der Masse, ach was, im Universum; Bestimmung und Gleichgewicht. Die Texte im Einzelnen zu zerlegen wäre genug Stoff für ein ganzes Philosophie-Semester. Gut, dass sie nicht schwer im Magen liegen, sondern im gut verdaulichen Bright-Eyes-Soundkosmos umherschwirren und von Oberst mit einer „Kopf-hoch-weitermachen-Haltung“ postuliert werden.
Doch Conor Oberst wäre nicht Conor Oberst, wenn er nicht im nächsten Moment plötzlich alles wieder zum Einsturz bringen könnte. Und so endet The People’s Key mit den niederschmetternden Zeilen: „You and me that is an awful lie / It’s I and I“. Wer genau hinhört, stellt fest, dass dem allerdings ein „Now that we’ve come too far to say” vorangestellt wird. Wieder ein Hintertürchen offengehalten und das Yin-Yang-Spielchen des Lebens perfekt mitgespielt. Das trifft sie wohl – die Tonart der Menschen.