Der Sommer der Liebe – da denken die meisten an San Francisco 1967. Weniger populär ist der „Second Summer Of Love“ in den Jahren 1988 und 89 in Großbritannien. Für elektronische Musik war der aber stilprägend. Man feierte in leerstehenden Lagerhallen, trug T-Shirts mit Smiley-Symbol und tanzte ekstatisch zu Acid House.
Nun schickt sich die australische Band Cut Copy an, ebendiese britische Ravebewegung wieder aufleben zu lassen. Wir haben den bewusstseinserweiternden Trip in die 90er gewagt:
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Es beginnt mit einem schaurigen Mantra. Eine düstere Stimme fordert auf, sich von allem freizumachen für das, was in den kommenden 50 Minuten folgt. Und mit den ersten Takten des Titelstücks ist direkt klar, wohin die Reise geht.
Four-To-The-Floor-Beats, knackige Synthie-Bässe und rythmische Piano-Akzente geben auf dem neuen Cut Copy-Album den Ton an. Die Gitarre ist fast komplett verschwunden. Dazu die leicht verspulte aber nach mindestens zwei Durchläufen ziemlich einnehmende Stimme von Sänger Dan Whitford.
Der Sommer der Liebe
Cut Copy haben sich auf Free Your Mind von den zwei Sommern der Liebe inspirieren lassen. Was beide gemeinsam haben: Sie gingen mit exzessivem Drogenkonsum einher und konnten als eine Art Reaktion auf schwere Zeiten interpretiert werden: 1967 war es der Vietnam-Krieg und 1989 eine Dekade Margaret Thatcher.
Und 2013? Nahost-Konflikt, Wirtschaftskrise und Abhör-Skandal? Kein Vergleich zu zwei Jugendkulturen, die genau wussten, wogegen sie ihre Abneigung ausdrücken wollten. Laut Whitford soll die Musik von Cut Copy demnach vielmehr eine Huldigung der neuen Freiheit sein. Warum also auflehnen, wenn man unbekümmert auf Entdeckungsreise gehen kann?
Soundtrack für eine durchtanzte Nacht
Dem Summer Of Love angemessen klingen Cut Copy auf Free Your Mind schön hippiesk. So wie im Song We Are Explorers, in dem sie sich als Erkunder auf eine Reise zur Morgensonne begeben. Tatsächlich taugt das Album als Soundtrack für eine durchtanzte Nacht. Und die australische Sonne konnte man bei dem Quartett aus Melbourne eh schon immer raushören. Ein bisschen wie bei The Presets oder Empire Of The Sun.
Tiefgang sucht man in Songtiteln wie Meet Me In The House Of Love vergebens. Aber hier geht’s ja auch nicht um philosophische Abhandlungen, sondern vielmehr darum, sich in Sound und Rhythmus verlieren zu können. Das war im britischen Acid House der 90er nicht anders, den Cut Copy in den neuen Songs so gerne zitieren. Spätestens mit dem Stück Take Me Higher scheint das so oft vorhergesagte, aber bisher kaum wahrnehmbare 90er-Revival zum Greifen nahe.
Kämpfer für das Album-Format
Für das neue Album haben Cut Copy den sportlichen Ansatz verfolgt, an jedem Song immer nur einen Tag lang zu arbeiten. Zusammen mit MGMT- und Tame-Impala-Produzent Dave Fridman ging es dann an die Feinarbeit. Für die oftmals psychedelischen Songs auf Free Your Mind genau die richtige Wahl. Zwar soll es kein Konzeptalbum sein, trotzdem gibt es zwischen manchen Songs immer wieder kurze Interludes mit kryptischen Dialogen. Cut Copy sind einfach Fans des Album-Formats und wollen, dass ihr neuestes Werk als großes Ganzes gesehen wird.
Cut Copy entlassen den Hörer mit dem Stück Walking In The Sky, ein vernebelter Junkie-Gospel. Das fühlt sich ein bisschen an, wie der Nachhauseweg von einer durchtriebenen Lagerhallen-Party. Bewusstseinserweiterung geht eben auch mit Beihilfe rein akustischer Substanzen.