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Album der Woche: Iron & Wine – Kiss Each Other Clean

Er sieht ein bisschen so aus wie „Baumbart“ aus Herr der Ringe, seines Zeichens das älteste Lebewesen in Mittelerde. Sam Beam, der Kopf hinter „Iron & Wine“ zeichnet mit seinem Äußeren das Bild eines bärtigen Waldschrats, behäbig und weise. Tatsächlich hat sich der 36-jährige aber längst vom Klischee des zurückgezogenen Songschreiber-Eremiten befreit.

Sam Beam muss ein Dickschädel sein. Anders lässt sich das nicht erklären, wenn ein Musiker ausgerechnet Tom Waits‘ Querschläger-Album Swordfishtrombones als Vorbild zitiert. Besagte Platte markierte 1983 den Wendepunkt in Waits‘ Schaffen. Weg von konventionellen Arrangements, hin zu wilden Geräusch-Experimenten. Damit rebellierte er nicht nur gegen Hörergewohnheiten, sondern brachte auch seine Plattenfirma gegen sich auf, die ihn prompt vor die Tür setzte. Lang dauerte es jedoch nicht, bis eine viel größere Plattenfirma das Potential seiner Sturheit erkannte und ihn unter Vertrag nahm. Auch Sam Beam alias Iron & Wine ist mittlerweile den behütenden Händchen des Sub-Pop-Labels entwachsen und nun unter den Fittichen eines großen US-Major-Konzerns angekommen. Und auch er hat seinen Stil konsequent weiterentwickelt.


Mit den Americana- oder Folkrock-Anleihen der ersten Iron & Wine-Platten hat Kiss Each Other Clean nur noch wenig zu tun. Angefangen von der üppigen Instrumentierung bis hin zu den verschwurbelten Texten und biblischen Anspielungen (Me And Lazarus). Sam Beam komponiert nun mehr in Dur statt Moll. Seine Band überrascht mit R’n’B und Funk.

Vorbei sind die Zeiten in denen Beam verrauschte Coverversionen von Postal-Service-Songs in seinen Vierspur-Rekorder hauchte. Zusammen mit Modest Mouse-Produzent Brian Deck hat er in Chicago einen amtlichen Produktions-Aufwand betrieben. Bläser, Synthies, Harfen, Panflöten und Marimbas sind nur der Anfang einer langen Instrumenten-Liste. Die Überproduktions-Falle haben die zwei dabei mit Leichtigkeit übersprungen. Die Arrangements wirken aufgeräumt und überschlagen sich an den richtigen Stellen, so wie im 7-minütigem Your Fake Name Is Good Enough For Me. Das größte Pfund ist nach wie vor Sam Beams‘ Stimme, die in ihrer Sanftheit nicht mehr weit von Paul Simon entfernt ist.

Einen Nachteil hat die Experimentierfreude auf dem neuen Iron & Wine-Album dann doch: Wenn sich z.B. wie in Half Moon Pedal-Steel-Gitarre und Do-Whop-Chöre die Hand geben, um im Song darauf von afrikanischen Trommeln und psychedelischen Gesangseffekten abgelöst zu werden, dann wirkt die Platte in sich etwas zusammenhanglos. Man hat Mühe den unzähligen Einflüssen zu folgen, die auf Kiss Each Other Clean angerissen werden. Ein bisschen mit dem Album zu kämpfen lohnt sich aber. Und sind wir doch mal ehrlich: Immer dieselbe Platte aufzunehmen wäre ja auch langweilig.

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