Ein dunkelgrüner Wald mit See, nur ein paar Minuten entfernt von zu Hause, verschneite Winter und lichte Sommer – kurz: Schweden von seiner malerischsten Seite. Von dieser Umgebung war Melody Prochet alias Melody’s Echo Chamber so angetan, dass sie gleich ein ganzes Jahr dort verbracht hat. Und zwar in Solna, einer kleinen Stadt ganz in der Nähe von Stockholm. Dort hat sie sich mit ihren schwedischen Kollegen Fredrik Swahn und Reine Fiske von den Bands The Amazing und Dungen in eine kleine Hütte im Wald zurückgezogen. Zusammen haben sie stundenlang gejammt und experimentiert und neue Songs aufgenommen.
Der Weg führte nach Schweden
Eigentlich hätte das zweite Album viel früher erscheinen sollen, schon 2014 hatte Melody Prochet am Nachfolger ihres Debüts aus dem Jahr 2012 gearbeitet. Zu der Zeit noch mit ihrem damaligen Freund Tame Impala-Mastermind Kevin Parker, der schon auf dem Erstling deutlich hörbare Spuren hinterlassen hatte. So richtig fertig wurden die Songs aber nie. Und schließlich wollte Prochet nicht mehr nur „die Freundin von Kevin Parker“ sein, die zufällig auch Musik macht. Sie musste ihren eigenen Weg finden. Der hat sie also nach Schweden geführt und als dann schon erste Konzerte mit dem neuen Material angekündigt waren, hatte Melody Prochet einen schweren Unfall. Wegen Verletzungen an Kopf und Wirbelsäule musste sie einige Monate im Krankenhaus verbringen, die Konzerte wurden abgeblasen. Zum Glück geht es ihr heute wieder besser und wir können uns an ihrem zweiten Album Bon Voyage erfreuen.
Psychedelische Gitarren findet man immer noch auf Bon Voyage, aber ansonsten wirbelt Melody’s Echo Chamber die musikalischen Koordinaten ordentlich durcheinander. Das Album beginnt mit ein bisschen 60s Pop. Zu einem recht flotten Beat haucht Prochet ihren Herzschmerz ins Mikro, dass man sich unwillkürlich an Jane Birkin oder Françoise Hardy erinnert fühlt. In die schöne Traurigkeit bricht plötzlich ein gescratchter Hiphop-Beat und eine Flöte ertönt.
Das Stück Desert Horse ist ein wilder Ritt durch Folk, Psych-Rock, Tuareg-Blues und Trap mit Autotune-Vocals und wildem Geschrei. Irgendwann flucht jemand lauthals auf Schwedisch. Der Song sei ein Spiegel ihrer eigenen Reise durch Traurigkeit, Verzweiflung und Desillusion, sagt Prochet.
Atemlos und hyperaktiv
Bon Voyage ist überraschend und vielschichtig, ständig schlagen die Songs Haken, drehen sich um 180 Grad. Die atemlose Reihung von einem hyperaktiven Song nach dem anderen ist erstaunlicherweise aber nicht ermüdend. Es gibt genügend catchy Pop-Momente, um den Hörer bei der Stange zu halten.
Auf Bon Voyage präsentiert sich eine rundum erneuerte Melody’s Echo Chamber, von deren musikalischen Ausflügen wir in Zukunft hoffentlich noch mehr hören werden.