Moderat wurden schon als Laptop-Boyband, Herrenrunde oder Herrengedeck bezeichnet. Fakt ist, dass sich aus einem spontanen Kollaborationsprojekt eine „richtige“ Band entwickelt hat, erzählt Sebastian Szary.
Während der Tour zum zweiten Album ging’s um Planung: Was machen wir danach? Gehen wir zurück in unsere eigenen Projekte, sprich Modeselektor und Apparat, oder machen wir gleich weiter, weil die Energie war ziemlich gut. Wir haben uns überlegt: Eigentlich wäre es dumm, jetzt aufzuhören. Wir hatten einfach einen guten Vibe.
Den inneren Kritiker ignorieren
Mit dem guten Vibe im Rücken haben sich Moderat gleich im Anschluss zur letzten Tour an die Arbeiten für das dritte Album gemacht. Dank des Erfolgs ihres zweiten Albums und speziell der Single Bad Kingdom konnten sie auch viel unverkrampfter an die Sache rangehen, meint Sascha Ring alias Apparat. Sie hatten kein schlechtes Gewissen mehr, ihre Vorliebe für Popmusik auszuleben.
Bei Bad Kingdom ist der Knoten geplatzt. Wir haben zwei Studioräume und ich kam mit der Songskizze rein und meinte „hört mal, aber nicht lachen“. Die waren auch erst nicht so begeistert, haben aber weiter dran gearbeitet und am Ende ist es ein guter Song geworden, der die Platte ausgemacht hat. Da ist mir bewusst geworden, man muss den inneren Kritiker ignorieren. Das haben wir gemacht und deshalb gibt es auch viel mehr Gesang als vorher. Weil ich mich selbst nicht zurückgenommen habe und mir gedacht habe: let go.
Mehr Gesang, mehr Songs als Tracks: Album Nummer drei ist ambitioniert und klingt kompakter als seine Vorgänger. Moderat halten Augen und Ohren offen, verbinden Rave- und Acidelemente mit Triphop-Beats und Blechbläsern. Mit Running gibt es sogar ein Stück im Dreivierteltakt.
Popgestus für die großen Hallen
Aus über 50 instrumentalen Songskizzen sind neun Stücke geworden. Sie sind nicht direkt langsam, aber melancholisch und in sich gekehrt. Es geht weniger um den Auf-die-12-Beat für den Dancefloor. Das fällt vor allem Modeselektor mit ihrem DJ-Hintergrund manchmal etwas schwer, gibt Sebastian Szary zu.
Man ertappt sich oft dabei: Du hast den Track, er geht los, gleich mit einem Beat und dann kommt der Refrain. Dann gibt’s den Break und wenn man das optisch auch noch sieht auf dem Computer, hast du den vorderen Part, in der Mitte des Songs wird’s dann ruhig, und das sieht aus wie der Griff von einer Hantel, denn hinten geht’s nochmal richtig los. Das haben wir beim Anschauen der Songs irgendwann realisiert – das sind ja nur Hanteln!
Auf ihrem dritten Album machen Moderat ausgefeilte Electronica-Sounds, die man sich am besten zum Aufstehen am Tag nach der durchgefeierten Clubnacht anhört. Und ihr dramatischer Popgestus eignet sich bestens für die großen Hallen, die sie jetzt bespielen.