Blendend weiße Häuserfassaden, antike Marmor-Statuen, sonnengebleichte Strände und eben jede Menge Gelato – so ähnlich sieht das Fantasie-Italien aus, von dem sich Phoenix für ihr neues Album Ti Amo haben inspirieren lassen. Sonnig wie ein italienischer Sommer, aber nicht ganz so unbeschwert sind die Songs auf Ti Amo. So singt Phoenix-Sänger Thomas Mars am Anfang des ersten Songs J-Boy unbekümmert davon, dass er in einem Laden etwas klaut, um eine Frau zu beeindrucken. Der Text wird zunehmend düsterer und am Ende geht es um Lügen und moralische Konsequenzen.
Phoenix zwischen Tech-Start-up und Ausstellung
Aufgenommen haben Phoenix die neuen Songs im La Gaîté Lyrique in Paris. Das ehemalige Theater beherbergt heute Büros für Tech-Start-ups, aber auch Konzertsäle und Ausstellungsräume. Dort haben sie sich ein Studio eingerichtet und jeden Tag von 9 bis 18 Uhr gearbeitet. Mittlerweile sind alle Bandmitglieder Familienväter, sich die Nächte im Aufnahmestudio um die Ohren schlagen, ist deshalb nicht mehr so angesagt.
Mit den Aufnahmen für das neue Album haben Phoenix 2014 begonnen, im Frühling 2016 sind sie fertiggeworden. Während der Terroranschläge im November 2015, die unter anderem auch den Musikclub Bataclan betrafen, musste Gitarrist Christian Mazzalai eine Nacht im Studio verbringen. Die Stadt war abgeriegelt und er kam nicht mehr nach Hause. Die neuen Songs seien wie ein Gegenmittel zu den Geschehnissen drumherum, erzählt Thomas Mars in einem Interview mit dem Billboard-Magazin. Sie haben sich erst ein wenig schuldig gefühlt, dafür dass ihre Musik so fröhlich sei, es dann aber akzeptiert. Das sei eben ihre Art, mit dem vorherrschenden gesellschaftlichen Klima umzugehen.
Perfekt inszenierte Popsongs
Ein bisschen softer Yacht-Rock, New Wave, Blue-eyed Soul und natürlich Italo-Disko – die Songs auf Ti Amo sind der musikgewordene Rimini-Urlaub. Dazu kommt auch mal ein New-Order-Bass oder ein bisschen Kraftwerk. Phoenix liefern wieder handwerklich perfekt in Szene gesetzte Popsongs – so weit, so gut, einen Überhit wie 1901 gibt es auf Ti Amo allerdings nicht.
Sie haben die Platte nicht gemacht, um der Realität zu entfliehen, sagt Thomas Mars. Mit Ti Amo setzen Phoenix der betrüblichen Realität etwas entgegen. Ja, die Welt ist so, wie sie ist. Aber es gibt trotzdem noch die italienischen Sommer mit sonnengebleichten Stränden und jeder Menge Pistazieneis.