Immer wenn The Roots eine neue Platte rausbringen, wird es angestimmt: Das Loblied auf den organischen, live gespielten Hip Hop, der einen so wunderbaren Kontrast zu den mit Goldkettchen, Lowrider und halbnackten Frauen ausgestatteten Genre-Kollegen bildet. Auch diesmal wird man um dieses Lied nicht herumkommen, denn The Roots sind nach wie vor eine der wenigen Bands, die das so konsequent und geschmackssicher durchziehen. Maßgeblich daran beteiligt ist einmal mehr Schlagzeuger „Questlove“, der kein Drumset bespielt, das nicht älter als 40 Jahre ist und der musikalisch so viel beschäftigt ist, dass er nur selten dazu kommt, seinen Harlem-Globetrotters-Gedächtnis-Afro zu stutzen. Questloves staubtrockene Schlagzeug-Sounds sind es, die den Roots-Songs Charakter geben.
Schon im Juni 2009 schürten The Roots die Vorfreude auf ein neues Album, als sie in gewohnt lässiger Manier eine erste Kostprobe bei der Jimmy Fallon Show ablieferten. Die Performance von How I Got Over machte Lust auf mehr. Blieben die letzten Studioalben (Game Theory, Rising Down) – gemessen am hohen Standard der Roots – hinter den Erwartungen zurück, so hoffte die Fangemeinde nun wieder auf den großen Wurf. Und tatsächlich: Das neue Album erinnert an die erfolgreichen Zeiten von The Tipping Point (2004), Phrenology (2002) und dessen Überhit The Seed 2.0.
Wie gewohnt haben sich The Roots ein paar illustre Gäste vors Mikrofon geholt. Gewohnt logisch erscheinen dabei Kollaborationen wie die mit John Legend in The Fire. Wahre Geniestreiche gelingen der Band jedoch zusammen mit den Monsters Of Folk in Dear God 2.0 und mit Kritikerliebling Joanna Newsom in Right On. Wer hätte gedacht dass HipHop mit dem entrückt-schönen Harfen-Folk von Newsom zusammengeht, ohne dass es gewollt klingt oder peinlich wird? Der Song suggeriert, dass diese Schmelze quasi auf der Hand lag und nun von The Roots endlich umgesetzt wurde.
Auf How I Got Over verzichten The Roots auf elektronische Spirenzchen und geben dem Bandsound eine Menge Raum zum Atmen. Insgesamt ist der Neuling ein bisschen zurückgelehnter als die Vorgänger-Platten. Geblieben sind die gewohnt abgeklärten, sozialkritischen und politischen Lyrics von Rapper und Frontmann „Black Thought“. Den Albumtitel etwa entnahm man einem Song, den die Gospel-Legende Mahalia Jackson 1963 bei der Kundgebung einer Bürgerrechtsbewegung in Washington sang. Die Kunst, solche schwer verdaulichen Themen mit der nötigen Coolness zu servieren, beherrschen nicht viele. Zusammen mit Künstlern wie Rox gehören The Roots momentan zu einer Art „Neo-Soul-Front“, zur guten Seite der Black Music. Möge die Macht mit ihnen sein.