Christian Kjellvander hat einen ausgeprägten Hang zu schönen alten Dingen. Das fängt an bei seiner Leidenschaft für alte Verstärker und Mikrofone und reicht bis zu den Räumen, in denen er seine Platten einspielt. Diesmal war es eine alte Missionskirche aus dem späten 18. Jahrhundert, mit acht Meter hohen Decken, viel Holz und Naturstein und einer fantastischen Akustik.
An so einen Ort passt natürlich am besten handgemachte Musik, allerdings in durchaus aufwändigen Arrangements. Die wiederum hat Kjellvander diesmal vertrauensvoll in die Hände seiner Mitstreiter abgegeben, Musiker des Sinfonieorchester Göteborg.
Jede Platte sollte eine Reaktion auf die davor sein, und das letzte Album war ja sehr reduziert. Wir haben damals alles bei mir zu Hause live eingespielt. Diese Art von Platte könnte ich auch jederzeit wieder machen, aber ich wollte diesmal etwas anderes.
Eine neue Klarheit
Nicht nur klanglich sollte sich das neue Album vom Vorgänger unterscheiden – Kjellvander hat auch an der Umsetzung einiges verändert. Während die Songs beim letzten Album mehr oder weniger aus den Proben heraus entstanden sind und dann direkt aufgenommen wurden, sollten diesmal alle Stücke schon vorab komplett ausgefeilt sein. Das Ergebnis klingt entsprechend auch präziser und ein ganzes Stück perfekter.
Es zeigt auch, dass Kjellvander jetzt noch sehr viel selbstbewusster an den Aufnahmeprozess herangeht als zuvor. Er braucht nicht mehr so viel Raum zum Ausprobieren, kommt schneller bei dem Sound an, der ihm vorschwebt. Er selbst spricht von einem Prozess des Erwachsenwerdens, von einer größeren Klarheit über die Dinge, die einem wichtig sind.
Die eine perfekte Version
Diese neue Selbstsicherheit überträgt sich auch in die Texte. Alle Songs tragen im Titel den bestimmten Artikel „The“ – angefangen beim Album-Opener „The Mariner“ bis hin zum Schluss-Stück „The Bloodline“. Es ist, als wollte Kjellvander auch sprachlich klar machen, das in den Songs jeweils eine starke Grundidee steckt, ein Bild, eine Stimmung.
Irgendwann kommt man einfach an den Punkt, wo man das ewige Suchen leid ist und man sich einfach entscheidet – das ist jetzt DIE Gitarre, das ist jetzt die EINE, die perfekte Version von etwas.
„Ich brauche Wälder oder Seen“
Es liegt in Kjellvanders Persönlichkeit, Perfektion vor allem in der Natur zu finden. Titel wie „The Woods“, „The Valley“ oder „The Island“ richten immer wieder den Blick auf unberührte Landschaft und das Draußen – Orte, an denen Kjellvander sich zu Hause fühlt.
Es gibt Zeiten, wo ich einfach unberührte Erde sehen muss, es ist wie eine Sucht. Ich brauche dann eben Wälder oder Seen – und will einfach nicht mehr die hässlichen Dinge sehen müssen, die Menschen gemacht haben. Ich spüre manchmal fast eine Art Zwang, natürliche Schönheit zu sehen.
In gewisser Weise sind die Songs dann auch Kjellvanders Versuch, einen Teil dieser Schönheit festzuhalten – Orte und Momente, die für ihn wichtig sind; ein kleiner Ausschnitt Lebensgeschichte. Insofern ist „The Pitcher“ vielleicht das musikalische Gegenstück zu einem Fotoalbum – Erinnerungen, die noch schöner werden, wenn man sie teilt.