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Auschnitt Buchcover: „negativ-dekadent. Punk in der DDR“
Foto: Christiane Eisler

Keine Angst vor Hits: Bonus-Episode mit Anne Hahn

„Ohne die Kirche hätte die Punk-Bewegung in der DDR nicht überlebt“

„Negativ-dekadent“ – so nannte man in der DDR Jugendliche, die sich einer Subkultur wie der Punk-Szene anschlossen. Ein gefährliches Prädikat, wie Autorin Anne Hahn weiß. In ihrem Sammelband „negativ-dekadent. Punk in der DDR“ hat sie Geschichten von Zeitzeuginnen und -zeugen gesammelt.

Vom Punk zum Staatsfeind

Anne Hahn, 1966 geboren in Magdeburg, hat gemeinsam mit Frank Willmann schon mehrere Sachbücher über subkulturelle Strömungen in der DDR veröffentlicht. In den späten 80ern war sie in der DDR in der Kulturszene aktiv und hat Punk-Konzerte organisiert. Dafür wurde sie vom SED Regime bestraft und beging sogar einen Fluchtversuch, der allerdings scheiterte.

Es war klar: Für mich ist das jetzt das Ende im Osten. Ich hatte keinen Studienplatz, keine Arbeit mehr und dann hieß es: „Staatsfeind“. Man hatte dieses Etikett und hat sich so durchgeschlagen.

Typografie der Subkulturen

Subkulturen waren der SED ein Dorn im Auge. Man fand verschiedene Labels für diverse Untergruppen: Die Blueser waren langhaarige Hippies, die Popper interessierten sich für Disco, die Heavies trugen Leder und Nieten und die Grufties ließen sich vom Styling des britischen The Cure-Sängers Robert Smith inspirieren. Allen gemein war das Label „negativ-dekadent“, mit dem die Stasi die Jugendlichen nicht nur abwertete, sondern auch zur genauen Beobachtung und Verfolgung freigab. Besonders betroffen war die Punk-Szene. Übers illegale West-Radio schafften es zwar Bands wie die Sex Pistols in den abgeschotteten DDR-Kosmos, als Nachahmer*in lebte man allerdings gefährlich. 1983 gab Stasi-Chef Erich Mielke den Befehl zur Zerschlagung der Szene.

Wer ganz jung war und mit Iro rumlief und eine Verweigerungshaltung gezeigt hat, der wurde in Jugendwerkhöfe gesteckt, was einem Jugendknast gleichkommt. Wer älter war, wurde als Junge zur Armee eingezogen. Man hat die Bands versucht zu kriminalisieren und Leute für den Inhalt ihrer Lieder verhaftet. Passiert ist das z.B. der Band Namenlos.

Anne Hahn, Autorin & Mitherausgeberin „negativ.dekadent. Punk in der DDR“

Anne Hahn, Autorin & Mitherausgeberin "negativ.dekadent. Punk in der DDR"

Kirchen-Punks

Trotz des Risikos: Eine besondere Rolle spielt die evangelische Kirche in der Geschichte des Punk in der DDR. Im Rahmen der „offenen Arbeit“ wurden Punks integriert und eingeladen Konzerte in der Kirche und bei Festivals zu spielen.

Es ist ein schöner Nebeneffekt der Geschichte, dass wir ohne die Kirche nicht überlebt hätten – also die Punk-Bewegung in der DDR. Es hat dazu beigetragen, dass es trotz der schwierigen ersten Zeit von 1979/80 bis 1983/84, immer noch Menschen gab, die sich getraut haben, sich so zu kleiden, sich so zu zeigen und sich so zu „outen“. 

In der Bonus-Folge von Keine Angst vor Hits erzählt Anne Hahn von ihren Erfahrungen, die sie als Teil der späten Punkszene in der DDR gemacht hat. Im Interview spricht sie außerdem über den Sammelband „negativ-dekadent. Punk in der DDR“, den sie gemeinsam mit Frank Willmann im Ventil Verlag herausgeben hat.

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