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Jungle
Foto: Anna Victoria Best

Keine Angst vor Hits

Ein Ass in Solitär

Jungle machen Lust auf Musicaltanz, Fritzi Ernst bleibt lieber im Bett und Brockhampton bringen uns Blödsinn auf hohem Niveau. Außerdem: das Raketerei-Festival für Nachwuchsmusiker*innen. Das und mehr in unserem wöchentlichen Musik-Update Keine Angst vor Hits.

Neue Alben

Noga Erez – Kids

Die Pandemie hat einige ihrer Songs gerettet, sagt die israelische Künstlerin Noga Erez über ihr neues Album. Ihr Debüt “Off the radar” ist 2017 erschienen und für den Mix aus elektronischer Musik, Pop und Hiphop hat sie viel Lob bekommen. Ihren hyperzeitgemäßen Sound gibt’s auch auf dem Nachfolger “Kids”, mit dem sie Radio und Dancefloor fest im Blick hat. Ihre Musik hat aber immer auch eine kantige Attitüde. Die extrem coole und hippe Mischung aus breiten, punchigen, Bässen, Electropercussions und Synthies kann fast darüber hinwegtäuschen, dass sie textlich richtig ans Eingemachte geht: es geht um den Palästina-Konflikt, mediale Manipulation, aber auch um sehr persönliche Dinge.

El Michels Affair – Yeti Season

Der Multiinstrumentalist Leon Michels hat schon im Schuljungen-Alter seine Band El Michels Affair gegründet. Deren Mitglieder rekrutierte er aus der lebendigen New Yorker Retro-Soul-Szene. Im Laufe seiner Karriere hat Michels seitdem mit The Dap Kings, Charles Bradley, Dan Auerbach, Lana Del Rey, Jay-Z und dem Wu-Tang Clan zusammengearbeitet. Die trippige, cineatische, Soulmusik von El Michels Affair ist auf dem neuen Album „Yeti Season“ auch mit Einflüssen aus dem nahen und auch fernen Osten gespickt. Türkisch eingefärbter Funk und der Gesang von Piya Malik verbreiten optimistische Stimmung und Bollywood-Atmosphäre – alles zusammen ein super Rezept, um uns an einen anderen Ort zu transportieren – danke!

Tune-Yards – Sketchy

Tune-Yards ist schon seit 2006 das Projekt der Musikerin Merrill Garbus, seit 2009 ist auch Bassist Nate Brenner dabei. In ihrer Musik zwischen Lofi-Artpunk und Indiepop hat Garbus Trommel- und Percussioninstrumente geloopt und dazu gesungen. Auf dem neuen Album “Sketchy” gibt es auch wieder bruchstückhaften Sound zwischen Beats, Bass und Piano. Sie beschäftigt sich mit komplexen Themen, z.B. der Neubesetzung alter Begriffe, wie etwa in “Homewrecker”, was eigentlich eine sexistisch konnotierte Bezeichnung für Frauen ist, die Affären mit verheirateten Männern haben. Sie wendet den Begriff aber auf Personen an, die durch ihr Geschäftsgebaren und ihre Gier Familien zerstören.

Neu auf der Playlist

Brockhampton – Buzzcut (feat. Danny Brown)

Brockhampton ist ein 13-köpfiges HipHop-Kollektiv aus Los Angeles. Die bunte Gruppe aus Rappern, Produzenten, Grafikern und andere Künstlern lassen den lange vergessenen Crew-Gedanken im HipHop wieder aufleben: Nicht Frontrapper Kevin Abstract steht hier im Mittelpunkt, sondern das sympathisch-chaotische künstlerische Gesamtwerk. Aus Anti-Style, Clown-Ästhetik und Do-It-Yourself-Mentalität schaffen die 13 Wirrköpfe einen quietschbunten Gegenentwurf zu humorlosen, betongrauen Gangster-Rappern. “Buzzcut” ist ein Paradebeispiel dafür: Im Text werden HipHop-Ikonen wie Nas persifliert und frauenverachtende Gangsterrapper in die Nähe von Incels gerückt – das ist eine Bewegung junger Männer, die aus ihrem kargen Sexualleben irrtümlicherweise auf die Minderwertigkeit von Frauen schließt. So einen Irrsinn kann man eigentlich auch nur mit Irrsinn beantworten. Und genau dafür gibt’s Brockhampton. Bleibt zu hoffen, dass die Single mit Gastrapper Danny Brown auf ein neues Album des Kollektivs hinweist.

Fritzi Ernst – Keine Termine

Das Duo Schnipo Schranke hat die deutsche Liebeslyrik bereits mit Versen wie “Ich bin kein Teil von deinem Obstsalat / Ich finde, dass ist Hochverrat” und Songs wie “Pisse” bereichert – einem der wohl humorvollsten Songs über ein Beziehungsende seit es Genitalien gibt. Nachdem sich das Duo zerstritten hat sind Daniela Reis und Fritzi Ernst solo unterwegs. Fritzi hat mit “Keine Termine” einen Vorgeschmack auf ihr gleichnamiges Album (VÖ: 11. Juni) veröffentlicht. Der Reiz von Schnipo Schranke bestand im Miteinander von trockener Lakonie und farbenfroher Überdrehtheit. Während Ex-Partnerin Daniela nun gemeinsam mit ihrem Mann als “Ducks in Drugs” in bunten Klamotten über Nordsee-Dünen hüpft, bleibt Frau Ernst gediegen: Im fliederfarbenen Jogginganzug stellt sie nach einer lustlosen Fitness-Einheit fest, dass die Erde sich auch weiter dreht, auch wenn man nichts tut. In diesem Sinne: hinlegen, Decke übern Kopf, atmen. Reicht an manchen Tagen.

Jungle – Keep Moving

Es beginnt episch, doch dann bricht der Funk über den Hörer herein: Das Londoner Produzentenduo Jungle hat mit Keep Moving einen tanzbaren Opener für den Frühling komponiert. Das Musikvideo ist an Musicals wie “West Side Story” angelehnt. J Llyod, die eine Hälfte von Jungle, führte hier gemeinsam mit Charlie Di Placido selbst Regie. Die Tanzbegeisterung gehört zur DNA der Band: Schon das Musikvideo zu ihrer ersten Single „Platoon“ (2013) zeigt nichts weiter als den zu dieser Zeit wohl coolsten neunjährigen beim Tanzen. Was die Musik angeht, haben sich die Kritikerlieblinge seitdem noch ein gutes Stück weiterentwickelt: Selten klang Disco und Funk so zeitgeistig und so wenig retro. Der Song ist die erste Single-Auskopplung aus ihrem kommenden Album “Loving Stereo”, dass am 13. August erscheint.

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