Neue Alben und EPs
London Grammar – Californian Soil
Mehrmals verschoben, jetzt ist es endlich da: Das neue Album von London Grammar “Californian Soil”. Corona hat der Veröffentlichung mehrmals einen Strich durch die Rechnung gemacht, aber jetzt ist die dritte Platte der britischen Elektropop-Band da und zeigt mal wieder, dass die Gruppe um Sängerin Hannah Reid eingängige Pop-Melodien erschaffen kann, ohne dudelig zu werden. “Californian Soil” ist ein angenehmer Ritt durch die sexistische Musikszene, die sowohl klanglich als auch inhaltlich immer wieder Höhepunkte, aber auch ruhige Momente findet. Auf dem dritten Album von London Grammar steht Hannah Reid mit ihren Erfahrungen in einer vom Patriarchat geprägten Welt im Mittelpunkt. Von ihrem geplatzten amerikanischen Traum (“America”) bis hin zu Betrug und Missbrauch (“How Does It Feel”) erzählt sie ehrlich von den Missständen in der Musikszene. Das tut manchmal weh, aber “Californian Soil” macht auch Hoffnung auf eine neue Generation von Musikschaffenden.
Low Island – If You Could Have It All Again
Oxford hat schon viele starke Bands hervorgebracht. Radiohead, Foals und Glass Animals zum Beispiel. Low Island treten jetzt in diese sehr großen Fußstapfen und verbinden auch klanglich all diese Bands miteinander. Ihr Debütalbum “If You Could Have It All Again” machen sie manchmal sanften und manchmal aufregenden Indie Synth-Pop, mit schönen Klangteppichen und interessanten Beats und jazzigen Schlagzeug-Rhythmen, die manchmal davonpreschen. Das Quartett trauert auf der Platte ihren 20ern hinterher, die sie vermeintlich als verloren sehen. Tatsächlich finden sie aber auch gute Seiten am Erwachsenwerden und verteufeln auch den Einfluss von Social Media auf ihre Generation (“Who’s Having The Greatest Time?”). Das Album setzt seinen Fokus ganz klar darauf, die verschiedenen Genre und Sounds unter einen Hut zu bringen. Dabei rutscht der Gesang von Carlos Posad manchmal in der Hintergrund, aber wenn er kraftvoll ist, dann kreieren Low Island die schönsten Momente auf “If You Could Have It All Again”.
John Moods – „So Sweet“
John Moods heißt eigentlich Jonathan Jarzyna und kommt aus Süddeutschland. Irgendwas hat es ihn, wie sollte es auch anders sein, nach Berlin gezogen, wo er die Band Fenster mitgegründet hat. 2018 entschied er sich dann aber für einen Sologang und nannte sein Debütalbum ganz selbstbewusst “The Essential John Moods”. Selbstbewusst und ein bisschen ironisch geht es auch auf seiner neuen EP “So Sweet” zu. Dort verbindet er Gegensätze wie Licht und Dunkelheit, Gut und Böse, Hoffnung und Verlust, Leben und Tod so mühelos, dass man manchmal schlucken muss. Dazu gibt es einen merkwürdig guten Sound irgendwo zwischen Yachtrock und Synth-Pop, der manchmal nach dem Intro einer 90er Jahre Sitcom und manchmal nach dem japanischen Filmstudio Studio Ghibli klingt. Das Ganze gibt’s mit einer großen Prise Lässigkeit. “So Sweet” ist der erste Teil von John Moods zweiten Album. Das wird dann “So Sweet So Nice” heißen und erscheint am 6. August.
Neue Songs
José González – Visions
Wie sieht die Zukunft der Menschheit aus? Wo geht es hin mit uns allen? Mit diesen existenziellen Fragen beschäftigt sich der schwedische Singer-Songwriter José González in seinem neuen Song „Visions“. „Wir sind Affen, die anfangen, das Universum und ihren Platz darin zu verstehen“, sagt er selbst über den Inhalt des Songs. José Gonzáles scheint seinen Platz im Universum jedenfalls gefunden zu haben, zumindest was seine Musik angeht. Auch bei „Visions“ bleibt er seinem Stil treu und serviert uns einen ruhigen, melancholischen und berührenden Folk-Pop-Track. Getragen wird der wie immer von González‘ unaufdringlichem Gitarrenspiel und seiner sanften Stimme; ebenso wie vom Gezwitscher südschwedischer Landvögel.
Lucy Dacus – Hot & Heavy
Lucy Dacus schaut in „Hot & Heavy“ lieber in die Vergangenheit als in die Zukunft. In dem Song verarbeitet die Indie-Newcomerin das Gefühl, als Erwachsener an den Ort seiner Kindheit zurückzukehren und sich dort fremd zu fühlen. Der Indie-Track transportiert diese ambivalente Gefühlslage sehr nahbar und in gewohnt charmanter und unprätentiöser Lucy Dacus-Manier. Die Single ist außerdem ein erster Vorgeschmack auf ihr drittes Studio-Album „Home Video“, das im Juni erscheinen wird und bei dem wir uns sicher auf noch jede Menge Indie-Nostalgie freuen können.
Tirzah – Send Me
Tirzah Mastin ist eigentlich Modedesignerin. Schon seit ihrer Schulzeit macht sie allerdings auch Musik. 2013 hat sie das erste Material auf der EP I’m Not Dancing veröffentlicht. 2018 kam dann ihr Debütalbum Devotion raus. Mit ihrer Freundin und Mitmusikerin, der Producerin Mica Levi, hat sie eine sehr eigenen minimalistische Spielart des R’n’B kreiert (die in den tiefen des Youtube-Kommentarbereichs auch als NirvaR’n’B bezeichnet wird). Diesen minimalistischen Stil setzt sie auch in ihrem neuen Song „Send me“ äußerst konsequent um. Ein simples Drum Pattern, eine kurze repetitive Gitarrenlinie und Tirzahs etwas rauer melancholischer Gesang – mehr passiert nicht im Song, und mehr braucht es auch nicht, um einen 4:07 Minuten lang in seinen Bann zu ziehen
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