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Die Schauspielerin Sandra Hüller.
Foto: Christian Hüller

Keine Angst vor Hits

Zeitgeistige Unruhestifter

Sandra Hüller beweist: das Projekt „singende Schauspielerin“ kann auch gelingen, Gorillaz zollen dem Schlagzeuger Tony Allen Tribut und Little Simz vertont die Corona-Isolation auf einer neuen EP. Außerdem: der nicht zu unterschätzende Einfluss von Kraftwerk-Gehirn Florian Schneider. All das und mehr in der neuen Folge von „Keine Angst vor Hits“.

What can we expect from your concert tonight? – Wir versuchen unser bestes. We try our best.

What are the songs that you’re going to play tonight? – All.

Der kürzlich verstorbene Kraftwerk-Gründer Florian Schneider betreibt verbal distancing in einem Interview im brasilianischen Fernsehen 1998.

Neue Alben

Little Simz – Drop 6

Die britische Rapperin Simbiatu Ajikawo alias Little Simz hat letztes Jahr mit ihrem dritten Album „Grey Area“ einige Aufmerksamkeit bekommen, unter anderem war es für den Mercury Prize nominiert. Überraschend hat sie jetzt eine EP veröffentlicht, die nach dem Veröffentlichungsdatum „Drop 6“ heißt.  Die Songs hat Little Simz alle im April aufgenommen, während sie zu Hause im Lockdown war. Die Selbstzweifel, Langeweile, Prokrastination,  aber auch die meckernden Nachbarn (Stichwort Lärm) thematisiert sie in den fünf Tracks, die gerade durch die schlichte Produktion und ihre kaltschnäuzige Vortragsweise Eindruck machen.

Buscabulla – Regresa

Buscabulla bedeutet im puerto-ricanischen Slang Unruhestifter und ist das Projekt von Raquel Berrios und Luis Alfredo Del Valle. Sie leben schon einige Jahre in New York und haben dort auch ihre ersten beiden EPs aufgenommen. Für das Debütalbum sind sie wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. Und das nach dem Hurricane Maria 2017, also zu einem Zeitpunkt, als viele Menschen Puerto Rico den Rücken gekehrt haben. Sie haben sich von Traditionen und Vorfahren inspirieren lassen und verbinden in ihrer Musik Salsa, Reggaeton und Housebeats zu latino-eingefärbtem Pop. Mit tropischen und urbanen Sounds erzeugen sie melancholische Lebensfreude.

https://www.youtube.com/watch?v=weIwiyBWeWI

Neu auf der Playlist

Cass McCombs – The Wine of Lebanon

2003 hat der kalifornische Musiker und Songwriter Cass McCombs sein erstes Album „A“ herausgebracht, das klanglich im LoFi-Folkrock angesiedelt ist. Seitdem hat er die unterschiedlichsten Genres angefasst, von Punk über Psychedelic Rock, bis Soul, Pop, Blues und Country. Aber er spielt diese Stile nicht einfach nur, sondern lotet ihre Grenzen aus. Das aktuelle Album „Tip Of The Sphere“ ist 2019 erschienen. Sein neuer Song „The Wine of Lebanon“ ist eine schön instrumentierte, satt produzierte Reflexion über Anfänge und Enden, Geburt und Tod, der Wein steht sinnbildlich für das Leben. Wie hat es schon John Peel so treffend formuliert: Unaufdringlich brilliant.

Gorillaz – How Far? feat. Tony Allen & Skepta

Gorillaz sind eine virtuelle Band, ins Leben gerufen von Damon Albarn (Blur) und dem Comiczeichner Jamie Hewlett (Tank Girl). Unter dem Label “Song Machine” veröffentlicht das Kollektiv aktuell spontan wirkende youtube-Musikvideos und Sketche aus einer Art mixed-reality-Kosmos: halb gezeichnet, halb mit echten MusikerInnen. Der Track “How Far?” fällt ein wenig aus der “Song Machine”-Reihe, denn er hat kein eigenes Video. Die Rapparts kommen vom Grime-Rapper Skepta, die Drumspur von Jazzdrummer Tony Allen. Allen gilt als einer Mitbegründer des Afrobeat und ist vergangene Woche in Paris gestorben. Mit Damon Albarn verband ihn eine langjährige Freundschaft, die schon seit 2002 immer wieder in gemeinsamen Songs mündete. “How Far?” ist ein postumes Tribut an Allen und trägt außerdem weiter zum globalen, kollaborativen Pop-Ansatz der Gorillaz bei.

Sinead O’Brien – Roman Ruins

Das Londoner Musikmagazin “Loud and Quiet” nennt das, was Sinead O’Brien macht “Irish Sprechgesang Punk”. Besser kann man’s eigentlich nicht sagen. Die Modedesignerin und Punk-Poetin orientiert sich an Menschen, die den Punk in andere Kontexte getragen haben, nennt Vivienne Westwood als Mentorin und Mark E. Smith als einen ihrer wichtigsten musikalischen Referenzen. Auch die Attitüde eines James Murphy scheint gelegentlich durch. Allerdings wirken ihre Texte weniger sarkastisch, stattdessen persönlicher, unmittelbarer. Auch in der Aufnahmetechnik mag es O’Brien direkt: Die ersten Songs sind aus Spoken Word-Auftritten erwachsen. Einen Song hat sie beim Spontan-Label “Speedy Wunderground” aufgenommen, das für Produktionen immer maximal einen Tag veranschlagt. Die EP “Drowning in Blessings” soll im Sommer erscheinen, bislang gibt es schon zwei Songs daraus zu Nachhören.

Sandra Hüller – The One

Sandra Hüller haben viele in dem Film “Toni Erdmann” gesehen. Außerdem hat sie in letzter Zeit einige Preise für ihre Schauspielerei bekommen. Und nun betritt sie auch noch die Musikbühne bzw. das Tonstudio und hat bislang zwei Songs veröffentlicht. Musizierende deutsche SchauspielerInnen – das geht nicht immer gut. Bei Hüller ist das anders. Sie wirkt eben nicht wie eine Touristin der künstlerischen Form, wie eine begabte Schaupielerin, die auch mal was in einem Tonstudio ausprobieren wollte. Stattdessen ist “The One” ein spärlich arrangierter Gitarren-Song und die Lyrics und das Musikvideo sind achtsam eingefangene Verlorenheit im Scheitern. Ihre Debüt-EP “Be Your Own Prince” soll im Herbst kommen.

https://www.youtube.com/watch?v=HQZIMFi0bAE

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