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Bild: Sharon van Etten und Angel Olsen | Dana Trippe

Keine Angst vor Hits

Power-Pathos im Luxus-Bunker

CHAI machen knalligen J-Pop mit Punk-Attitude, Lea Porcelain stapfen durch schwere Soundlandschaften und Sharon van Etten und Angel Olsen bringen uns den Power-Pathos, den wir gerade brauchen. Außerdem: Geschlechterungerechtigkeit bei Rock am Ring. Unser wöchentliches Musik-Update Keine Angst vor Hits.

Neue Alben

CHAI – Wink

Seit 2012 macht das japanische All-Women-Pop-Quartett CHAI Musik. Mit ihren beiden Alben „Pink“ und „Punk“ und vor allem mit ihren ekstatischen Live-Shows haben sie sich auch über die Grenzen Japans hinaus eine große Fan-Gemeinde erspielt und sind mittlerweile beim US Indie-Label Sub Pop gesigned. Dort ist nun ihr drittes Album „Wink“ erschienen. Das ist, wie ungefähr alle Alben, die dieses Jahr rauskommen, natürlich auch durch die Pandemie beeinflusst. Die Songs für „Wink“ haben CHAI nicht wie sonst mit Blick auf ihre Live-Shows geschrieben, sondern eher fürs zu Hause hören. Trotzdem hat „Wink“ nichts von der CHAI-typischen Energie und Intensität eingebüßt. Hip-Hop Einlagen und elektronische Dance Grooves mischen sich dort mit Funk Gitarren und 8bit-Chiptune-Sounds und lassen jeden Versuch, das Ganze in irgendeine Genre Schublade zu stecken, scheitern. Trotz aller quietschbunten Poppigkeit, schwingt bei „Wink“ aber auch immer eine gewisse Punk-Attitude mit, mit der sich CHAI gegen viele gängige Pop-Konventionen stellen.

Lea Porcelain – Choirs to Heaven

Julien Bracht und Markus Nikolaus haben sich in einem Offenbacher Nachtclub kennengelernt und ziemlich schnell war den beiden klar, dass sie zusammen Musik machen müssen – und so war das Synth-Pop-Projekt Lea Porcelain geboren. Die Nacht spielte aber nicht nur beim Kennenlernen der beiden Musiker eine große Rolle, sondern auch in ihrem musikalischen Schaffen. Davon zeugt auch der Titel ihres 2017 erschienenen Debüt-Albums „Hymns to the Night“. An das knüpfen Lea Porcelain auch mit ihrer neuen Platte an. Nach Hymnen an die Nacht gibt es nun Choräle an den Himmel – „Choirs to Heaven“ heißt nämlich das neue Album. Auf dem machen Lea Porcelain das, was sie sehr gut können: Düsteren, sphärischen Synthie-Pop mit viel Melancholie und einer ordentlichen Prise Pathos. Insgesamt ist der Sound des Duos auf „Choirs to Heaven“ noch ein wenig ausgereifter, die Post-Punk-Einlagen krachiger, und die Soundflächen bisweilen so dicht, dass man von ihnen verschluckt zu werden droht.

Mdou Moctar – Afrique Victime

Der nigrische Musiker Mdou Moctar ist in Westafrika schon seit über zehn Jahren eine kleine Berühmtheit. Der internationalen Erflog kam aber erst etwas später mit dem 2019 erschienen Album „Ilana: The Creator“. Mit seinem wilden Mix aus westlicher Gitarrenmusik – vor allem der Rockmusik der 70er – und der traditionellen Tuareg-Musik seiner Heimat konnte Mdou Moctar das amerikanische Label Matador Records für sich gewinnen. Auf dem ist auch sein neues Album „Afrique Victime“ erschienen. Auch wenn Mdou Moctar immer wieder als der afrikanische Jimi Hendrix bezeichnet wird, nennt er als musikalisches Vorbild für sein neues Album explizit den Gitarristen Eddie Van Halen, mit dessen Gitarrenspiel er sich viel auseinandergesetzt hat. Aufregend machen das Album aber nicht unbedingt die ausufernden Gitarren-Soli, sondern vor allem auch die traditionellen westafrikanischen Percussion-Elemente und die mantraartigen oft hypnotischen Gesangslinien.

Neu auf der Playlist

Sharon Van Etten & Angel Olsen – Like I Used To

Like I Used To – oder ganz frei ins Deutsche übersetzt – so wie damals – ist ein Halbsatz, der sicherlich vielen Menschen in den letzten anderthalb Jahren über die Lippen gegangen ist. Aber nicht nur während der Pandemie, auch beim Älter- und Erwachsenwerden erinnert man sich doch gern wehmütig an das, was damals war. So auch Sharon Van Etten und Angel Olsen, zwei der wohl stärksten und umtriebigsten Songwriterinnen unserer Zeit. Die beiden haben die Sehnsucht nach vergangener Zeit nun in ihre erste gemeinsame Kollaboration gepackt. Und wie nicht anders zu erwarten ist, wenn zwei so große Künstlerinnen zueinander finden, ist „Like I Used To“ nicht nur einfach ein Song, sondern eine Pop-Hymne, die mit einem Knall und viel Pathos startet und bei der man gar nicht anders kann, als zuzuhören. Mit der perfekten Mischung aus Country, Girl-Band-Ballade und einer Brise Fleetwood Mac und First Aid Kit singen sie von den kleinen, unbeschwerten Dingen, die sie vermissen: Freunde treffen, zusammen eine Rauchen, Händchen halten, sich verlieben. Obwohl sich die beiden Musikerinnen schon immer gegenseitig bewundert haben, waren sie doch zu schüchtern, die jeweils andere anzusprechen. Letzten Sommer hat Sharon Van Etten den ersten Schritt gewagt und Angel Olsen von ihrer Idee eines gemeinsamen Songs erzählt. Hoffen wir mal, dass das nicht der letzte ist.

Japanese Breakfast – Savage Good Boy

Reiche Männer, die sich, aus welchen Gründen auch immer, Bunker kaufen, sind die Grundlage für die neue Single von Michelle Zauner, der Musikerin hinter dem Projekt Japanese Breakfast. „Savage Good Boy“ erzählt die Geschichte eines reichen Mannes, der sich einen Bunker kauft und dazu noch eine junge Frau überredet mit ihm da einzuziehen. Das Video zeigt Zauner und keinen geringeren als Michael Imperioli – den Serienliebhaber von den Sopranos kennen – in den Hauptrollen und in dieser postapokalyptischen Bunkerwelt, die zwar voller Rokoko-Prunk, aber gleichzeitig unglaublich bedrückend ist. Erneut führte Zauner auch für dieses Musikvideo selbst Regie. Der Song ist gewohnt funkig, treibend und zugleich Vorbote für das dritte Album von Japanese Breakfast. „Jubilee“ erscheint am 4. Juni und soll ein Wendepunkt in der musikalischen Karriere von Zauner sein. Auf den letzten beiden Platten verarbeitete sie die Krankheit und den Verlust ihrer Mutter. “Jubilee“ hingegen ist ein Album über die Verarbeitung des Lebens und der Liebe, während man auf der Suche nach Glück ist. Ein Prozess, der uns manchmal dazu zwingt, aus uns selbst herauszutreten und aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.

Von Wegen Lisbeth – L.OST

Von Wegen Lisbeth haben den Lockdown nicht genutzt, um einen Podcast aufzunehmen oder wie andere Künstlerinnen und Künstler die Blockchaintechnologie zu verstehen und damit jede Menge Geld zu verdienen. Von Wegen Lisbeth haben das gemacht, was man als Band eben so macht. Sie haben neue Songs geschrieben. Und das ist nun auch wirklich mal dran, denn ihr letztes Album „Sweetlilly93@hotmail.com“ ist mittlerweile schon zwei Jahre alt. Am 14. Mai sind nun zwei neue Singles erschienen. In „Podcast“ geht es gewohnt ironisch darum, dass man bitte bitte keinen Podcast machen soll. „L.OST“ hingegen beschreibt die Einsamkeit der jungen Generation und spielt dabei nicht nur mit dem aktuellen Jugendwort des Jahres, sondern auch mit dem Berliner Bahnhof Lichterfelde Ost. Im Video zu dem Song sitzt Frontman Matthias Rohde einsam und eben lost an einem Tresen, während um ihn herum wimmelbildartig das Leben passiert…inklusive Cameoauftritten von Teilen von AnnenMayKantereit und den Giant Rooks. Weitere Songs sollen dieses Jahr noch veröffentlicht werden.

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