Play
Hand Habits
Foto: Jacob Boll

Keine Angst vor Hits

L.A. an der Waterkant

Hand Habits gibt sich eine neue musikalische Identität, Angus Andrew alias Liars macht Musik ohne Antidepressiva und Unknown Mortal Orchestra lässt sich von Kinderbüchern inspirieren. Außerdem: MTV ist 40 geworden. Das und mehr in unserem wöchentlichen Musik-Update Keine Angst vor Hits.

Neue Alben

Zwanie Jonson – We like it

Zwanie Jonson heißt eigentlich Christoph Kähler, kommt aus Hamburg und man kennt ihn vor allem als Schlagzeuger für u.a. Die Fantastischen Vier, Veranda Music oder Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen. Jonson schreibt aber auch Songs und singt, 2007 ist sein Debütalbum „It‘s Zwanietime“ erschienen. Die Musik auf „We like it“ bewegt sich zwischen West-Coast-Folk-Psychedelica und melancholischen Soul-Balladen. Darauf fängt nicht der Wilde Westen gleich hinter Hamburg an, sondern das südliche Kalifornien. Der vielseitige, aus der Zeit gefallene Sound geht ihm leicht von der Hand. Der Autor Christoph Dallach hat die Stimmung der Musik so beschrieben: „Das erste Bier zu früh getrunken, ab 17:00 Uhr. Und dann gut gelaunt über wehmütige Dinge nachdenken.“ Wir mögen das.

IDER – shame

Was macht man als junger, kreativer Mensch heutzutage, wenn man in einer Stadt lebt, die kulturell schon echt viel zu bieten hat – wie London – man sich aber trotzdem langweilt? Genau, man zieht für eine Weile nach Berlin. Das war der Plan von Megan Markwick and Lily Somerville alias IDER, dann kam aber die Pandemie und aus ein paar Monaten wurden nur ein paar Wochen, in denen sie aber ausreichend Musik für ein neues Album geschrieben haben. Mit emotionalen Texten, dramatischen Popmelodien und Vokalharmonien auf ihrem 2019er Debütalbum „Emotional Education“ haben sie nicht nur in UK Wellen geschlagen. Auf dem Nachfolger „shame“ geht‘s musikalisch in eine ähnliche Richtung. Die Songs beschreiben sie als radikal offene Erkundung von Akzeptanz, es geht um Esstörung, Identität, Unsicherheiten in einer Liebesbeziehung. Darauf zeigen sie wieder ihre Stärke – den tighten Harmoniegesang. Dazu gibt’s mal HipHop-Drumbeats, mal flächige Synthies.

Liars – The Apple Drop

Die Band Liars aus New York gibt es schon seit etwa 20 Jahren, gegründet hat sie Angus Andrew, der auch das einzig verbliebene Mitglied ist. Anfangs haben sie sperrigen Postpunk und Noiserock gemacht. Seitdem haben sich Liars mit jeder Veröffentlichung neu erfunden. Die letzten Platten hat Andrew im Alleingang aufgenommen. Für das zehnte Liars-Album „The Apple Drop“ hat er sich wieder Unterstützung geholt, u.a. von Jazz-Schlagzeuger Laurence Pike und dem Multiinstrumentalisten Cameron Deyell. Und er hat zum ersten Mal Musik gemacht, ohne Antidepressiva zu nehmen, stattdessen andere psychoaktive Substanzen. Vielleicht ist das ja für den düsteren Sound verantwortlich mit dämonisch lärmende Synthies, Fuzzgitarren und synkopierte Schlagzeugbeats. Intensiv und dramatisch, nichts für schwache Nerven.

Neu auf der Playlist

Public Service Broadcasting – Blue Heaven (feat. Andreya Casablanca)

„Blue Heaven“ heißt die aktuelle Single der Band Public Service Broadcasting, die genau wie ihr Vorgänger „People, let’s dance“, ein Vorbote für das kommende Album „Bright Magic“ (VÖ: 24. September via PIAS) ist. Geschrieben und aufgenommen in den traditionsreichen Hansa-Studios handelt der Song von Marlene Dietrich bzw. der Kunstfigur, die Marlene Dietrich aus sich selbst gemacht hat. Sowohl der Song als auch das Video verarbeiten dabei Anspielungen auf Dietrich. So ist „Blue Heaven“ angelehnt an „My Blue Heaven“, ein Jazz-Standard, den Dietrich oft sang und die Textzeile „Ich habe noch einen Koffer in Berlin“ der Titel eines Dietrich-Stücks. Grundlegend ist der Song im Vergleich zu anderen PSB Songs recht einfach gehalten: treibender Beat, breite Gitarrenwand und viel Raum. Für den Gesang hat sich die Band Andreya Casablanca von Gurr ins Boot geholt. Eine sehr gute Entscheidung, denn diese füllt den Raum mit ihrer klaren Stimme und mal englischen, mal deutschen Vocals wunderbar aus.

Unkown Mortal Orchestra – That Life

Es gibt Bands, die erkennt man schon direkt nach den ersten paar Takten, auch wenn man den Song noch nie gehört hat. Genau so ist das bei Unkown Mortal Orchestra. Das Erfolgsrezept der Band: groovige Beats, verkniedelte Gitarren, alles eher lo-fi produziert und dazu die markante, leicht angezerrte Stimme von Ruban Nielson. Fertig ist ein UMO-Song, der dann aber trotzdem frisch und neu klingt. Dieses Rezept hat er auch für die aktuelle Single „That Life“ verwendet. Der Song ist einerseits von Hieronymus Boschs Gemälde „Garten der Lüste“ inspiriert, andererseits von dem Kinderbuch „Wo ist Walter“. Ruban Nielson sagt selbst: „Als ich ‚That Life‘ schrieb, stellte ich mir vor, eine Art ‚Wo-ist-Walter?‘-Bild zu beschreiben, auf dem dutzende Charaktere in einem Spiel aus Perversion, Fantasien und Luxus gefangen sind, das sich über ganz Amerika erstreckt.“ Verdeutlicht wird diese Geschichte im Video zum Song, in dem eine Art Muppet-Show-Puppe verschiedenste verrückte Fantasien erlebt. Sowohl das Video als auch der Song sind professionell und durchdacht produziert, lassen aber gleichzeitig genug Platz für den DIY-Charakter, der sich immer wieder in dieser Band findet und das alles so unglaublich charmant macht.

Hand Habits – Aquamarine

Meg Duffy kennt man als Teil der Studioband von The War On Drugs, Weyes Blood und aber auch als Teil der Live-Band von Kevin Morby. Meg Duffy hat aber auch noch ein Soloprojekt namens Hand Habits. Mit Hand Habits veröffentliche Duffy Anfang der Woche die neue Single „Aquamarine“, die gleichzeitig Vorbote für das drittes Album „Fun House“ ist. Als Produzentin wurde Sasami Ashworth engagiert und gemeinsam tüftelte man an einem neuen Sound, der weniger Indie-Folk, dafür mehr elektronisch-tanzbar ist. Auf „Aquamarine“ funktioniert das schon richtig gut. Der Song handelt von Ereignissen im Leben, die zur Identität von Duffy beigetragen haben. Die schüchternen Vocals bilden dabei einen wunderbaren Gegenspieler zu den teils düsteren Synthies und treibenden Beats und unterstützen den Mix aus akustischen und elektronischen Klängen.

Unseren Musikpodcast „Keine Angst vor Hits“ könnt ihr hier hören und abonnieren. Und wer unserer gleichnamigen Spotify-Playlist folgt, bekommt noch mehr musikalischen Input.

Volles Programm, (aber) null Banner-Werbung

Seit 2009 arbeiten wir bei detektor.fm an der digitalen Zukunft des Radios in Deutschland. Mit unserem Podcast-Radio wollen wir dir authentische Geschichten und hochwertige Inhalte bieten. Du möchtest unsere Themen ohne Banner entdecken? Dann melde dich einmalig an — eingeloggt bekommst du keine Banner-Werbung mehr angezeigt. Danke!

detektor.fm unterstützen

Weg mit der Banner-Werbung?

Als kostenlos zugängliches, unabhängiges Podcast-Radio brauchen wir eure Unterstützung! Die einfachste Form ist eine Anmeldung mit euer Mailadresse auf unserer Webseite. Eingeloggt blenden wir für euch die Bannerwerbung aus. Ihr helft uns schon mit der Anmeldung, das Podcast-Radio detektor.fm weiterzuentwickeln und noch besser zu werden.

Unterstützt uns, in dem ihr euch anmeldet!

Ja, ich will!

Ihr entscheidet!

Keine Lust auf Werbung und Tracking? Dann loggt euch einmalig mit eurer Mailadresse ein. Dann bekommt ihr unsere Inhalte ohne Bannerwerbung.

Einloggen