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Lindsey Jordan alias Snail Mail
Foto: Tina Tyrell

Keine Angst vor Hits

Der Teufel im Spiegel

Snail Mail spielt mit einer Schlange, für Pokey LaFarge war die Pandemie sehr produktiv und Joy Crookes zeigt auf ihrem Debütalbum den Tories den Mittelfinger. Außerdem: das Ostar Music Network. Das und mehr in unserem wöchentlichen Musik-Update Keine Angst vor Hits.

Neue Alben

Joy Crookes – Skin

Joy Crookes kommt aus London und ihre musikalischen Wurzeln liegen im Jazz, Soul und modernen R’n’B. Nachdem sich ein veritabler Hype um die 23-Jährige entwickelt hat, beweist sie mit ihrem Debütalbum “Skin”: zu Recht. Die Songs sind üppig arrangiert mit Bläsern und Streichern – die übrigens in den legendären Abbey Road Studios aufgenommen wurden – bei der Produktion wurde nicht gespart und das hat den Tracks gut getan, denn das Album klingt aus einem Guss. Bei den eher sparsam ausgestatteten Songs steht ihre ausdrucksstarke Stimme im Mittelpunkt. Mit der sie durchaus politische Töne anschlägt, so kritisiert sie in “Kingdom” die Tory-Regierung. Andere Themen sind psychische Gesundheit, Beziehungen und ihre Familiengeschichte.

Postcards – After The Fire, Before The End

Postcards ist eine Band aus Beirut und dahinter stecken Sängerin Julia Sabra, Gitarrist Marwan Tohme und Drummer Pascal Semerdjian. Auf ihrem neuen Album “After The Fire, Before The End” verarbeiten sie ihre Erfahrungen in einem Land, dass von politischer Instabilität und der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten geplagt ist in entrückten, sehnsüchtigen Songs zwischen Shoegaze und Dreampop. Julia Sabra vollfürt in ihren Texten einen Spagat zwischen ätherischer Schönheit und emotionaler Abgekämpftheit. Ihre reflektierte Wehklage ist wahrscheinlich die beste Option, um in einer aus den Fugen geratenen Welt selbst nicht kopflos zu werden.

Pokey LaFarge – In The Blossom Of Their Shade

Pokey LaFarge heißt eigentlich Andrew Heissler und ist ein amerikanischer Songwriter und Sänger, der sich stilistisch zwischen Country, Blues, Folk und Rock’n’Roll einordnet. Auf seinem letzten Album “Rock Bottom Rhapsody” hat er seine Erfahrung mit Alkohol und Drogen verarbeitet. Der Nachfolger “In The Blossom Of Their Shade” schlägt deutlich optimistischere Töne an. Dazu beigetragen hat die Pandemie, denn vorher – so sagt er selbst – war er an einem dunklen Ort, aber die Pandemie hat ihm den dringend benötigten Raum zum Nachdenken geschaffen und in der Still hat er Frieden gefunden. Still sind die neuen Songs aber nicht, sie entfernen sich ein bisschen von seinen Swing und Rockabilly-Wurzeln, vereinen auch Calypso-Einflüsse oder Gospel/DooWop und Reggaeelemente. Das Ergebnis sind zugängliche, aber nicht nervtötende Songs, die auch zum Tanzen einladen.

Neu auf der Playlist

Cate le Bon – Running Away

Cate Timothy ist eine äußerst umtriebige und vielseitige Musikerin. 2008 brachte sie unter dem Künstlerpseudonym Cate le Bon ihre Debüt-EP, die den unaussprechlichen Namen „Edrych yn Llygaid Ceffyl Benthyg“ (Walisisch für: In die Augen eines geliehenen Pferdes schauen) trägt, heraus. Im Laufe ihrer steilen Musikkarriere folgten fünf weitere EPs und ebensoviele hochgelobte Alben, außerdem zahlreiche Kollaborationen mit hochkarätigen Kolleginnen und Kollegen. So produzierte sie etwa Alben für Deerhunter oder John Grant, sang bei Kevin Morby und stand mit John Cale auf der Bühne. In der ewigen Lockdown-Ödnis der letzten zwei Jahre zog sich Cate Le Bon dann in einen vakuumartigen Zustand zurück und nahm ihr sechstes Studioalbum „Pompeii“ auf. Komponiert hat sie die Songs darauf hauptsächlich auf dem Bass. Und das hört man auch auf der aktuellen Single „Running Away“. Eine eigenwillige Basslinie verschränkt sich dort mit fanfarenartigen Saxophon-Einlagen und schläfrig verhallten Gitarrensounds. David Bowie grüßt aus der Ferne und hätte sicher auch an dem dazugehörigen düster-bizarren Musikvideo seine Freude.

Hamilton Leithauser & Kevin Morby – Virginia Beach

In den 1930er Jahren zog Robert Johnson, der sogenannte „King of the Delta Blues Singers“ mit seiner Gitarre durch den Süden der USA und spielte in Kneipen oder auf der Straße. Der Legende nach traf er an einer Kreuzung den Teufel und verkaufte ihm kurzerhand seine Seele – im Tausch gegen unvergleichliche Fingerfertigkeit an der Gitarre. Das Motiv des reisenden, auf den Teufel treffenden Musikers ist daraufhin ein beliebtes Motiv in der Amerikanischen Blues- und Folkmusik geworden. Auch die beiden US-Amerikanischen Indie-Musiker Hamilton Leithauser und Kevin Morby nehmen dieses Motiv in ihrer aktuellen Kollaboration auf und interpretieren es neu. Im Song „Virginia Beach“ geht es durch bizarre und abseitige Gegenden der USA, von den Stränden Virginias über Montanas Berge bis in die Schneelandschaften von Idaho. Die Musik steht dabei ganz im Geiste Bob Dylans, zu gezupften Folk-Gitarren gesellt sich ein immer wilder werdender Stampf-Rhythmus. Den Teufel treffen die beiden dann auch noch, allerdings begegnet er ihnen nicht an einer Kreuzung, sondern schaut ihnen aus dem Spiegel entgegen.

Snail Mail – Ben Franklin

Gerade mal 22 Jahre jung hat die Musikerin Lindsey Jordan mit ihrem Projekt Snail Mail bereits die hohen Weihen des Indie-Pops erhalten. Zwei EPs und ein Album hat sie bisher veröffentlicht und dazu schon ganze Welttourneen und Konzerte mit etwa Mac DeMarco, Priests, oder Beach Fossils bestritten. Kritikerinnen und Kritikern sehen in ihr wahlweise das neue heiße Ding des Indie-Rocks oder gar die Retterin diesen mittlerweile etwas eingerosteten Genres. Als Vorbote ihres im November erscheinenden zweiten Albums „Valentine“ gibt es diese Woche schon die neue Single „Ben Franklin“ zu hören. Der Song kommt als frecher Indie-Track mit rotziger Bassline und verspielten Synthies daher, behandelt aber durchaus ernste Schicksalsschläge, wie das Zerbrechen einer Liebe und Jordans Aufenthalt in einer Entzugsklinik.

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