Neue Alben
clipping.
Daveed Diggs ist nicht nur erfolgreicher Schauspieler und Broadway-Star, sondern auch der Kopf der experimentellen Hip-Hop-Gruppe Clipping. Das Trio aus Los Angeles bringt diese Woche mit „Visions of Bodies Being Burned“ den zweiten Teil ihrer sozio-politischen Horror-Rap-Show heraus. Die Songs dazu haben sie bereits während des Studio-Aufenthalts für das letzte Album „There Existed an Addiction to Blood“ aufgenommen“. Weil 30 Songs ihres verstörenden industrial Hip-Hops aber wahrscheinlich auch die hartgesottensten Hörer und Hörerinnen überfordert hätten, haben sie das ganze auf zwei Alben verteilt. Herausgekommen ist auch beim zweiten Teil eine extrem spannende Rap-Platte, die allerdings nicht immer einfach zu konsumieren ist. „Visions of Bodies Being Burned“ klingt in etwa wie eine Geisterbahn, durch die man mit 200 km/h durchrast und fasst das Jahr 2020 damit soweit ganz gut zusammen.
Loma
Loma ist das Projekt von Shearwater-Frontmann Jonathan Meiburg und Emily Cross und Dan Duszynski vom Indie-Dou Cross Record. Die drei haben sich 2016 im Tourbus kennengelernt und 2018 ihr selbstbetiteltes Debüt-Album rausgebracht. Danach noch weiter zu machen, war eigentlich gar nicht geplant. Sängerin Emily Cross hat dann allerdings ein Statement von Brian Eno im Radio gehört, der von ihrer Musik sehr begeistert war. Das hat dann scheinbar die nötige Motivation für das zweite Album „Don’t Shy Away“ gegeben. Emily Cross‘ geisterhafte Stimme schwebt darin über äußerst ausgetüftelte sphärische Soundcollagen. Und sogar Brian Eno hat noch den Mix für den Closing-Track „Homing“ beigesteuert.
This Is the Kit
Hinter This Is the Kit steckt die in Paris lebende britische Musikerin Kate Stables. Sie macht bereits seit über 10 Jahren Musik, größere Aufmerksamkeit erregte sie aber erst 2015 mit ihrem dritten Album „Bashed out“. Ihr neues, mittlerweile fünftes Studio-Album heißt „Off Off On“. Entstanden ist das in einer abgelegenen Hütte irgendwo in Wales und klingt dementsprechend rau und melancholisch. This Is the Kit erfinden damit das Rad der Pop-Musik nicht neu, aber liefern eine sehr solide Folk-Platte ab – mit viel Liebe zum Detail und ausgefeiltem Songwriting.
Neu auf der Playlist
Arlo Parks – Green Eyes
Von der BBC befragte Musikjournalisten und -journalistinnen haben Arlo Parks letztes Jahr den Durchbruch 2020 prophezeit. Mit Tracks wie „Black Dog“, „Hurt“ und „Cola“ hat die 20-Jährige Londonerin diese Erwartungen bislang erfüllt. Mit „Green Eyes“ kommt nun ein weiterer Song ihres 2021 erscheinenden Albums „Collapsed in Sunbeams“. „Green Eyes“ besingt die Verliebtheit in die Augen einer Verflossenen. Kontrastiert mit soulig-flauschigem Sound beschreibt Parks mit einfachen aber prägnanten Bildern die Härte und Herablassung, mit der gleichgeschlechtliche Liebe leider immer noch konfrontiert ist.
Nilüfer Yanya – Crash
Ebenfalls aus London und nur ein paar Jahre älter als Arlo Parks ist Nilüfer Yanya. Auch sie stand auf der BBC Breakthrough-Liste, 2018 war das. Und auch Yanya ist mit eher mellow anmutenden Songs bekannt geworden. 2016 zum Beispiel mit einem sehr starken Cover des Pixies-Songs “Hey”. Danach mit der EP „Do You Like Pain“. Und 2019 waren sich fast alle Kritiker*innen einig, dass „Miss Universe“ eines der ausdrucksstärksten Alben des Jahres ist. Zentrales Instrument ist Yanyas charakteristisch-ätherische Stimme. Das ist auch in ihrem neuen Track der Fall, bei dem sie allerdings den Verzerrer auf Anschlag dreht. „Crash“ erscheint zusammen mit einer EP namens „Feeling Lucky?“, auch die soll heute erscheinen.
Julien Baker – Faith Healer
Auch Julien Baker reiht sich ein in die jungen Künstlerinnen, die wir heute vorstellen. Allerdings ist Baker nicht wie Yanya und Parks aus London, sondern aus dem US-Bundesstaat Tennessee. Baker bewegt sich im Indie-Folk- und Sadpop-Kosmos von Phoebe Bridgers, mit der sie auch eine Supergroup namens Boygenius hat.
Solo hat Julien Baker bereits zwei Alben veröffentlicht. Und auch die dritte LP „Little Obvious“ (VÖ: Februar 2021) ist bereits seit zwei Jahren in der Entstehung. In der ersten Single „Faith Healer“ geht es um das Thema Sucht. Und darum wie Drogen für die Realität unempfindlich und stumpf machen können, was – je nach Lebenswirklichkeit – ja manchem oder mancher erstrebenswert scheinen könnte. Der Sound hat viel Pathos, das Musikvideo dazu ist imposant bebildert und verstärkt die Gravitas und überbordende Dramatik des Themas zusätzlich.
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