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Bild: Lucas Creigh

Keine Angst vor Hits

Auf der Insel der Weirdness

Girlwoman mischt Clubsounds mit melancholischem Elektro-Pop, Aminé macht sein Ding und Curtis Harding überschreitet mühelos alle Genregrenzen. Außerdem: Alarmstufe Dunkelrot für die sächsische Kulturbranche. Das und mehr in unserem wöchentlichen Musik-Update Keine Angst vor Hits.

Neue Alben

Snail Mail – Valentine

Die US-Amerikanische Musikerin Lindsey Jordan ist gerade mal 22 Jahre jung, gilt aber schon als eine der vielversprechendsten Indie-Newcomerinnen der Gegenwart. Mit ihrem Projekt Snail Mail hat sie zwei EPs und das von der Kritik gefeierte Album „Lush“ veröffentlicht. Heute erscheint der Nachfolger „Valentine“, der allerdings eine eher wenig romantische Entstehungsgeschichte hat: Nach dem Ende einer Liebesbeziehung hat sich Lindsey Jordan dazu entschieden, für einige Wochen in eine Reha-Klinik in Arizona zu gehen. Dort hat sie dann lediglich mit Stift und Papier angefangen, an ihrem neuen Album zu arbeiten. Herausgekommen ist eine eigensinnige Indie-Platte, die frischen Wind in das schon etwas angestaubte Genre bringt. Dazu tragen vor allem Snail Mails Mut zum Unperfekten, das clevere Songwriting und ihre leicht brüchige Charakterstimme bei.

Girlwoman – Das große Ganze

Im Mai 2020 hat die Bielefelder Elektromusikerin Girlwoman ihre Debut Single „Rote Riesen schlafen nicht“ beim Berliner Indie Label Staatsakt veröffentlicht und damit bei Fans von melancholischem Elektropop so einige Erwartungen geschürt, an das, was folgen sollte. Mit neuen Veröffentlichungen hat sich Girlwoman dann allerdings Zeit gelassen. Erst jetzt, anderthalb Jahre später ist das Debütalbum mit dem recht ambitioniert klingenden Titel „Das große Ganze“ erschienen. Darauf verbinden sich  schwermütige Elektropop-Nummern mit pumpenden Bassdrums und drückenden Synthiebässen und liefern einen Sound, der so auch in den Tiefen verrauchter Berliner Elektroclubs erklingen könnte. Gepaart mit melancholischer Weltschmerz-Lyrik, die durchaus poetische Qualitäten hat, ist „Das große Ganze“ eine absolut überzeugende, zeitgeistige Techno-Pop-Platte geworden.

Curtis Harding – If Words were Flowers

„Gib mir meine Blumen, solange ich noch hier bin.“ Dieser Satz seiner Mutter ist dem US-Amerikanischen R’n’B Musiker Curtis Harding lange im Gedächtnis geblieben ist – als Erinnerung daran, Menschen seine Liebe und Wertschätzung zu geben, solange sie noch da sind. Inspiriert von diesen Worten hat der experimentierfreudige Musiker sein drittes Album“ If Words were Flowers“ getauft. Hardings Mutter, die selbst Gospel-Sängerin ist, steuerte aber nicht nur die Inspiration für den Album-Titel bei, sondern lieferte auch musikalische Impulse. Neben dem Gospel, der Harding vor allem in seiner Jugend geprägt hat, vereint “ If Words were Flowers“ aber auch Elemente aus Blues, Rock, HipHop, Psychedelic und Soul. Druckvolle Bläserinstrumente gesellen sich zu psychedelischen Gitarrensoli, fiepende Synthies und Autotune-Gesang harmonieren mit opulenten Gospelchören. Was bei anderen Künstler*innen schnell nach musikalischem Frankenstein klingen dürfte, hört sich bei Harding aber durchaus mühelos und organisch an.

Neu auf der Playlist

Aminé – Charmander

Nachdem der US-Rapper Adam Aminé Daniel, kurz Aminé, mit seinem zweiten Album „Limbo“ letztes Jahr einen Billboard-Top-Ten-Hit landete, hat er sich mit neuer Musik erstmal etwas Zeit gelassen. „Charmander“ heißt nun seine neue Single, die verblüffend wenig mit seinem gewohnten Trap/Hip-Hop-Sound zu tun hat. Bunt, überdreht, mit tanzbaren Beats und hochgepitchten Sprachsamples erinnert der Song eher an ein Computerspiel aus den 90ern. Da kann es kein Zufall sein, dass „Charmander“ auch der Name eines Pokémons ist. Der Song kommt vom aktuellen Album „TWOPOINTFIVE“, was heute erschienen ist.

The Lazy Eyes – Fuzz Jam

Die australische Psych-Band The Lazy Eyes hat nach den beiden erfolgreichen EPs „EP1“ und „EP2“ diese Woche nun ihr lang erwartetes Debütalbum angekündigt. Wann „Songbook“ genau erscheinen wird, ist zwar noch nicht ganz klar, dafür gibt es aber mit der Single „Fuzz Jam“ schon einen ersten Vorgeschmack. Der Song hält was sein Name verspricht: verzerrte Gitarren, trippige Melodien, stoische Basslinie und eine ordentliche Portion psychedelische Sounds erinnern abwechselnd an The Fall, The White Stripes oder auch an die Krautrock-Legenden Can. Das klingt aber wie so oft bei The Lazy Eyes nie altbacken. Die Band schafft es auch hier, die vielen musikalischen Einflüsse zusammen ins Jetzt zu holen. Neben dem Album wird die Band im nächsten Jahr den Support für The Strokes auf deren Australien-Tour spielen.

Charlotte Adigéry & Bolis Pupul – Benda

„Blenda“ heißt die neue Single des belgisch-karibischen Duos um Charlotte Adigéry & Bolis Pupul. Der Song wurde teilweise von Reni Eddo-Lodges Buch “Why I’m Not Longer Talking To White People About Race“ inspiriert und handelt von der kolonialen Vergangenheit und der postkolonialen Gegenwart in Großbritannien, die aber nicht nur ein britisches oder amerikanisches Problem darstellt. Auch Adigéry fühlt in ihrem Heimatland einen Mangel an Verständnis und Empathie gegenüber Menschen mit Migrationsgeschichte, wie auch sie eine hat. Auf tanzbaren Beats hört man in dem Song, was klassische rassistische Forderung wie „Go Back To The Country Were You Belong!“ in Adigéry anrichten. Der Song ist Teil des Debütalbums „Topical Dancer“, das von Soulwax produziert wurde und am 4. März 2022 auf dessen Label Deewee erscheinen wird.


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