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Bild: The Linda Lindas | Alice Baxley

Keine Angst vor Hits

Mit David Lynch in der Soundwerkstatt

DARKSIDE steigen aus den Tiefen ihres musikalischen Bastelkellers, Indigo de Souza feiert die Liebe und Anika macht aus ihren Ängsten eindringlichen Elektro-Post-Punk. Außerdem: Künstliche Intelligenz meets Popmusik – Was war los auf dem A.I. Songcontest? Das und mehr in unserem wöchentlichen Musik-Update Keine Angst vor Hits.

Neue Alben & EPs

DARKSIDE – Spirals

Es klinge wie der Soundtrack zu einem David Lynch Science-Fiction-Film, den er nie gedreht hat – das hat das Online Musik-Magazin Pitchfork über das Debut-Album des Experimental-Elektro-Duos DARKSIDE geschrieben. Seit dessen Veröffentlichung sind mittlerweile acht Jahre ins Land gegangen, in denen die beiden Soundtüftler Nicolas Jaar und Dave Harrington ihren Soloprojekten nachgegangen sind. Nun war es wohl wieder Zeit für die beiden, gemeinsam in den  musikalischen Bastelkeller zu steigen und an ihren düsteren Soundcollagen zu schrauben. In einem kleinen Haus im indigenen Lenni-Lenape Territorium im US-Bundesstaat New Jersey haben sie sich eingemietet und das Album „Spirals“ produziert. Schleppende Downtempo-Beats treffen dort auf krächzende Bluesgitarren, eingängige Gesangseinlagen wechseln sich mit ausgefeilten Noise-Passagen ab. Alles mit viel Experimentierfreude und Liebe fürs Detail – David Lynch dürfte sicher seine helle Freude haben!

Anika – Change

Vor ihrer Musikkarriere arbeitete Annika Henderson als Journalistin in Deutschland und Großbritannien. Sie träumte aber immer schon davon, Musikerin zu werden. Durch einen gemeinsamen Freund lernte sie schließlich die Trip-Hop Legende Geoff Barrow von Portishead kennen. Der war so angetan von ihr, dass er sie gleich mit ins Studio nahm, um ihr Debut-Album Anika aufzunehmen, das 2010 veröffentlicht wurde. Drei Jahre später folgte die gleichnamige EP. Bei der Namensgebung ihres neusten Albums legt Anika etwas mehr Kreativität an den Tag. „Change“ heißt die Platte, deren Entstehungsprozess Anika als ein „Erbrechen von Emotionen, Ängsten und Selbstermächtigung“ beschreibt. Das Ergebnis sind neun äußerst eindringliche und aufwühlende Songs irgendwo zwischen düsterem Elektro-Pop, noisigem Post-Punk und rauschendem Psychedelic-Rock, bei denen Vergleiche mit Nico von The Velvet Underground oder Kim Gordon von Sonic Youth nicht gescheut werden müssen.

Molly Burch – Romantic Images

Einen deutlich hochfrequentierteren Output als die beiden vorherigen Acts hat die texanische Musikerin Molly Burch. Seit 2017 hat sie fast jedes Jahr ein Album rausgebracht, lediglich 2020 mal eine Verschnaufpause eingelegt. Dafür legt sie nun ihren neuen Longplayer „Romantic Images“ vor. Der Name ist Programm: Zentrales Thema des Albums ist die Liebe in all ihren Aspekten. Während die Welt im Jahr 2021 von Coronakrise, Klimakrise und diversen weiteren politischen und gesellschaftlichen Miseren heimgesucht wird, kann man es vielleicht realitätsfern finden, ein ganzes Album ausschließlich den romantischen Gefühlen zu widmen – aber vielleicht ist es auch genau das, was die Menschheit gerade braucht. In jedem Fall ist „Romantic Images“ eine gut gelaunte Indie-Pop Platte geworden, die das Rad der Pop-Musik vielleicht nicht neu erfindet, aber dafür ziemlich Spaß macht.

Neu auf der Playlist

The Linda Lindas – Oh!

Anders als der Name Karen, der ja als Meme für Menschen steht, die sich permanent wegen Kleinigkeiten unnötig aufführen, hat der Name Linda in den letzten Monaten einen eher positiven Drive bekommen. Schuld daran ist die Punk-Band The Linda Lindas. Die vier jungen Musikerinnen, von denen nun aber tatsächlich gar keine Linda heißt, sind zwischen 10 und 16 Jahren alt und identifizieren sich als asiatisch-amerikanisch und Latinx. Ihre laute und kraftvolle Liveperformance zu dem Song „Racist Sexist Boy“, in dem sie eigene Erfahrungen mit Rassismus thematisieren, wurde zum viralen Hit. Ganze 4 Mio. Klicks führten zu einem Auftritt bei Jimmy Kimmel und zu jeder Menge Lob von Musiker:innen wie Questlove, Flea, Rage Against the Machine und Sonic Youth. Mittlerweile sind die vier bei Epitaph Records gesigned und haben am 20.07. ihre aktuelle Single „Oh!“ veröffentlicht. Der Song handelt davon, wie man versucht, jemandem zu helfen und es einem dann um die Ohren fliegt und läuft derzeit im Trailer für die Netflix-Serie „The Chair“. The Linda Lindas zeigen auch hier, was sie trotz ihres jungen Alters richtig gut können: rohe Punkmusik, die mit viel Attitüde genau auf den Punkt trifft. The kids are alright, könnte man sagen!

James Blake – Say What You Will

“Comparison is the thief of joy” – ist ein Zitat des ehemaligen US-Präsidenten Theodore Roosevelt. Mit diesem Zitat beendet James Blake das Video zu seiner aktuellen Single „Say What You Will“, und zwar nicht ohne Grund. In dem Song geht es darum, „Frieden damit zu finden, wer man ist und wo man steht, unabhängig davon, wie gut es anderen Menschen zu gehen scheint“, sagt Blake und fügt auch hier an: „Vergleiche sind wirklich der Dieb der Freude“. Das Video macht das auf eine sehr unterhaltsame Weise klar. James Blake sieht sich darin immer wieder im direkten Vergleich mit Finnea, dem Bruder und Produzenten von Billie Eilish. Finnea bekommt mehr Preise, Fotos mit schönen Frauen, verkauft mehr Tickets, schmückt das Cover sämtlicher Zeitschriften und selbst als die beiden nebeneinander am Pissoir stehen, scheint er da die bessere Figur zu machen. Zurück bleibt ein trauriger James Blake, zumindest im Video. Die Lyrics wiederum machen klar, dass es ok ist, so wie es ist: „I’m okay with the life of the sunflower // And I’m okay with the life of a meteor shower.“Der Song kommt in klassisch-melancholischer James Blake Stimmung daher. Mit viel Seele, Falsett-Stimme und ruhigen Beats ist er gleichzeitig auch Vorbote für das kommende fünfte Album “Friends That Break Your Heart”, das am 10. September erscheinen wird.

Indigo de Souza – Hold U

Die amerikanische Newcomerin Indigo De Souza veröffentlicht mit „Hold U“ eine weitere Single von ihrem kommenden Album „Any Shape You Take“, das am 27.08. auf Saddle Creek erscheinen wird und in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Brad Cook (Bon Iver, Waxahatchee) entstanden ist. „Hold U“ ist Bedroom-Pop vom feinsten: mit leichtfüßigem Arrangement und glasklaren Vocals erzählt Indigo De Souza von eigenen Veränderungen, die nur passieren können, wenn man von seinem Freundeskreis ermutigt wird, sich selbst und seinen Körper zu lieben. „Ich wollte über eine wirklich einfache Art von Liebe schreiben, die nicht unbedingt romantisch ist, sondern bei der es einfach darum geht, anderen Menschen Raum zu geben, damit sie sich voll und ganz ausdrücken können und sich wohl fühlen“, so De Souza. Das Video zum Song zeigt passenderweise eine wilde, queere Hausparty, bei der alle so sein können, wie sie wollen und damit eine gute Zeit haben.

 

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