Die Stadt Portland im Nordwesten der USA teilt nicht nur ihre geografische Lage mit Seattle, sie ist momentan ebenso Hort einer Kreativzelle talentierter Musiker. Bestes Beispiel: Menomena. Alle Bandmitglieder tanzen auf mehreren Hochzeiten (Ramona Falls, Dear Reader, Lackthereof), können theoretisch jedes Instrument spielen und schreiben zusammen die Songs für Menomena. Grund genug, mal bei Schlagzeuger Danny Seim nachzufragen: Ist das nicht furchtbar kompliziert, wenn jeder seinen Senf dazugibt?
Das läuft meistens so: Ich nehme einen Song komplett auf. Schlagzeug, Gitarre, Bass, Gesang. Dann schickt er ihn den Anderen. Und dann kann es schon mal sein, dass der Song eine komplett andere Richtung einschlägt. Das war lange Grund für eine Menge Streitereien. Mittlerweile haben wir aber gelernt, uns zu vertrauen. Die Songs werden einfach besser, wenn alle Drei ihr Input beisteuern. Man muss sich eben erst mal daran gewöhnen, dass sich jemand der eigenen Kreation annimmt und die komplett verändert. Das ist ein bisschen so, als würde man sein eigenes Kind weggeben und wenn es wiederkommt, ist es erwachsen.
Folge der Songwriting-Demokratie dreier Multi-Instrumentalisten sind die üppig arrangierten Songs auf Menomena‘s aktuellen Album Mines. Stellt sich die Frage, wie eine 3-Mann-Combo diese Songs dann live umsetzt.
Beim Schreiben der Songs haben wir erst mal gar nicht an die Live-Umsetzung gedacht, sondern munter Sound um Sound übereinandergeschichtet. Als es dann darum ging, die Songs für die Tour zu üben, haben wir festgestellt, dass es absolut unmöglich ist, das so live umzusetzen. Also hatten wir zwei Optionen: Entweder wir spielen zu voraufgenommenen Spuren oder wir heuern noch ein weiteres Bandmitglied an.
Gesagt, getan – mit Joe Haege holten Menomena einen weiteren Multiinstrumentalisten ins Boot. Zu viert waren sie nun im November in Deutschland unterwegs, spielten unter anderem auf dem 20-jährigen Jubiläum ihres Labels City Slang. Labelchef Christof Ellinghaus ist für seine Schützlinge aus Portland voll des Lobes:
Alles was Menomena machen ist für mich mit das Beste was es gibt, weil die so wahnsinnig kreativ sind und auch so irre und anders. Die orientieren sich nie an Konventionen. Menomena ist für mich in einer Liga mit Bands wie Flaming Lips.
Und auch wenn Menomena in Sachen Bühnenbild aufgestockt und sich zum Beispiel eine eigene Licht-Maschine gebaut haben – mit dem Entertainment-Level eines Flaming-Lips-Konzertes wollen sie sich (noch) nicht messen:
Wir sind zu zu arm um uns große, transparente Bälle zu kaufen, in denen wir übers Publikum laufen, so wie man das von den Konzerten der Flaming Lips kennt. Aber wer weiß, vielleicht eines Tages… Wir sind jedenfalls große Fans von den Flaming Lips.
Bermerkenswert ist, dass Menomena ein Paradebeispiel der Do-It-Yourself-Philosophie sind. Booking und Produktion in die eigene Hand zu nehmen ist das Eine, Menomena jedoch nehmen ihre Songskizzen mit einer selbstentwickelten Software auf.
Das Programm ist optimal um Ideen auszutauschen. Es arbeitet Loop-basiert und so kann man sehr schnell und einfach ein paar Ideen festhalten, Loops hin und her schieben und Arrangements zusammenbauen. Klar, das können auch eine Menge andere Programme, aber Brent hat die Software 1999 entwickelt, als er auf dem College war. Demnach ist das für uns schon immer kostenlos gewesen.
Wenn man Danny so zuhört, stellt man fest, dass hinter jedem künstlerischen Gedanken auch ein ökonomischer steckt. Und das hat seinen guten Grund:
Bevor Mines rausgekommen ist, haben wir alle unsere Jobs gekündigt. Menomena ist seit neustem also unser Beruf. Wir haben schon feststellen müssen, dass es bei der Miete kapp wird. Das Künstler-Dasein wird also irgendwie ernst, auch wenn ich das ungern so beschreibe. Das hat aber auch sein Gutes, denn nun sind wir gezwungen produktiv zu bleiben.
Die Menomena-Fans wird’s freuen: Die Wartezeit auf ein neues Album dürfte demnach umso kürzer ausfallen.