Seit Wochen bestimmt das neue Daft-Punk-Album den öffentlichen Musikdiskurs. Man hat schon fast das Gefühl, dass das Album längst draußen sei. Letzten Dienstag haben Daft Punk sämtlichen Spekulationen ein jähes Ende bereitet und Random Access Memories als Stream ins Internet gestellt. Daraufhin hat sich auf den öffentlichen Plattformen ein Sturm an Enttäuschung ausgebreitet. Viele bezeichnen das Album inzwischen als „langweilig“ und „einschläfernd“. Und in der Tat, Random Access Memories zündet nicht sofort.
Aber das soll es vielleicht auch gar nicht. Daft Punk geben zu dem Album viele Interviews, liefern Hintergrundinformationen. Es erklärt sich halt nicht von selbst. Auf Youtube findet man sogar eine Reihe an kurzen Dokumentationen zu dem Album. Vermutlich soll man sich mit der Platte genauer beschäftigen, verstehen was dahinter steckt und die Botschaft begreifen.
Der Kampf gegen die Maschine
Vereinfacht gesagt ist Random Access Memories Daft Punks Appell, die Musik wieder zu vermenschlichen. Das klingt zunächst kontrovers, verkleiden sich Daft Punk selber als Roboter. Aber schon das Wortspiel im Albumtitel Random Access Memories, also Erinnerungen statt Speicher, ist ein Hinweis auf die Vermenschlichung. Und auch der Opener Give Life Back To Music überliefert die Botschaft mehr als eindeutig.
Menschlich ist auf Random Access Memories auch die Musik. Alles was man hört, seien es das Orchester, Schlagzeug oder Synthesizer, ist von Hand eingespielt und nicht digital programmiert. Daft Punk haben im Gegensatz zu ihren vorherigen Album fast komplett auf Samples verzichtet. Dadurch wirkt Random Access Memories extrem nah, so als säßen die Musiker direkt neben einem.
Musikalisch reisen Daft Punk auf Random Access Memories zurück in die 60er und 70er: Disco-Funk-Pop beschreibt den Stil am ehesten. Von Chic, über die Bee Gees bis hin zu Pink Floyd, die Einflüsse aus der Vergangenheit sind nicht zu überhören. Vom ursprünglichen Club-Sound der beiden Franzosen ist nicht viel übrig geblieben. Einzig der typische Vocoder-Gesang erinnert an die früheren Daft Punk.
Gaststars erweitern den musikalischen Horizont
Insgesamt fünf Jahre haben Daft Punk an dem Album gewerkelt. In der Zeit haben sie immer wieder namhafte Kollegen mit in den musikalischen Prozess eingreifen lassen. Einer von ihnen ist Disco-Pionier Giorgio Moroder. Der erklärt auch in einem der Youtube-Videos über die Entstehung des Albums, wieso die Arbeit daran so lange gedauert hat:
Daft Punk sind Perfektionisten. Ich erinnere mich, dass ich mal den richtigen Vocoder-Sound in 20, höchstens 60 Minuten gefunden habe. Daft Punk haben mir erzählt, dass es bei ihnen eine ganze Woche gedauert hat. Und danach dauerte es noch wer weiß wie viele Tage bis sie die richtigen Gesangs-Passgaen im Kasten hatten. Daft Punk überdenken jedes kleine Detail.
Neben Giorgio Moroder geben auch andere Stars dem Album ihre eigene Note mit. Unter anderem Chilly Gonzales, Gitarrenlegende Nile Rodgers, Pharrell Wiliams und Panda Bear.
Die Wahl der Gastmusiker auf Random Access Memories ist keinesfalls willkürlich ausgefallen. Dahinter steckt eine konkrete Absicht: Sie sollen die Möglichkeiten der Musik vollkommen ausreizen und vermeintliche Lücken ausfüllen. Der Kanadier Chilly Gonzales erklärt zum Beispiel in einem der Videos, warum Daft Punk auch gerade ihn ausgewählt haben:
Trotz einiger Lücken in der Harmonielehre haben Daft Punk realisiert, dass Harmonien eine große Power haben. Ich liebe die Mathematik der Musik und denke, dass Daft Punk das wussten. Deswegen haben sie mich geholt, glaube ich.
Der Soundtrack zu einem Film ohne Bilder
Alles auf Random Access Memories hat Hand und Fuß. Es wäre ein Fehler zu sagen, dass die Produktion oder gar die Musik in irgendeiner Weise schlecht seien. Aber wieso ist das Album für viele so eine Enttäuschung? Natürlich ist Random Access Memories nicht jedermanns Sache. Mit Sicherheit haben viele auch typische Club-Hits wie Around the World erwartet.
Doch niemand kann der Band vorwerfen, sich an eigenen Erwartungen orientiert zu haben. Beim ersten Hören stören vor allem die langatmigen, unspektakulären, teilweise sogar einschläfernden Passagen auf dem Album. Dadurch wirkt Random Access Memories manchmal wie ein Soundtrack zu einem Film ohne Bilder. Tatsächlich muss man das Album aber ein paar Mal hören, bis es sich einem öffnet. Ob Random Access Memories dann aber die eigenen Erwartungen erfüllen kann, muss jeder mit sich selber vereinbaren.