Axel Bosse ist einer der erfolgreichsten deutschen Songschreiber. Seine Alben landen regelmäßig ganz weit oben in den Charts, vor den großen Bühnen schwofen Tausende zu seinen Songs. Seine Fans lieben ihn für seine brutal ehrlichen Texte, seinen Kritikern fehlt es an Tiefgang.
Das Herz auf der Zunge
Weit weniger streitbar ist die Haltung, die bei Bosse mal mehr, mal weniger subtil mitschwingt. Aufgewachsen mit linker Gesinnung und rechter Dorfjugend in einem kleinen Kaff bei Braunschweig, schwingt Bosse heute nicht die erhobenen Zeige- sondern Mittelfinger. So wie beim Echo 2016, als er begleitend dazu in die Kamera sagt: „Die hier gehen raus an jedes Nazischwein“.
Seine ersten Auftritte spielt „Aki“ Bosse im Partykeller der Eltern. Mit 17 schmeißt er die Schule und will Musiker werden. Gut 20 Jahre später kann er auf stolze sieben Studioalben zurückblicken. Der große Durchbruch gelingt ihm 2013 mit dem Album „Kraniche“, das sich über 100.000 Mal verkauft und dafür mit der Goldenen Schallplatte ausgezeichnet wird.
Weil alles dort begann
Der große Hit auf dem Album ist der Song „Schönste Zeit“. Eine Ode an diese „kaputte, triste, frühe Pubertät, die aber auch so schön frei war“, sagt er. Und dazu gehört eben auch die erste große Liebe und der erste große Schmerz.
Mittlerweile ist es natürlich schon einigermaßen inflationär, darüber zu singen. Trotzdem hat der Song aber so eine immense Wucht und Bedeutung für mich, weil ich eben immer noch glaube, dass meine Zeit zwischen 13 und 16 der Anfang aller Dinge war.
Aufgenommen hat Bosse den Song mit Produzent Philipp Steinke, der u.a. auch beim Debütalbum von Boy an den Reglern saß. Auf einem alten Gehöft in Umbrien haben die beiden an den Songs gewerkelt. Ein altes Piano, Gitarren und eine Chor-Ladung voller Juno-Synthesizer prägen das üppige Arrangement, an dem Mischer Michael Ilbert später fast verzweifelt („Guys, you’re killing me!“)
„Kurt Cobain hat mir den Arsch versohlt“
Auch der Pathos kommt in dem Song nicht zu kurz. „An dem Tag als Kurt Cobain starb, lagst du in meinen Armen“, singt Bosse und erinnert sich an die Wurzeln seiner musikalischen Sozialisation.
Kurt Cobain war für mich das, was bei meiner Tochter gerade bei Billie Eilish passiert. Das hat irgendwas ausgelöst. Meine ersten Versuche waren dann so in die Richtung: Wow, ich bin jetzt plötzlich mega melancholisch und traurig. Und meine Eltern haben sich gefragt: Hä, warum geht der eigentlich nicht in die Freiwillige Feuerwehr?
In „Tracks & Traces“ zerlegt Bosse seinen Song „Schönste Zeit“ in seine Einzelteile, sinniert über das Verklären von Erinnerungen und beschreibt, an welcher Stelle er den „Nils Frahm der Kreisliga“ ausgepackt hat.