Angesichts der Drohung durch den türkischen Präsidenten Erdogan, die Todesstrafe in der Türkei wieder einzuführen, ist viel Empörung laut geworden. Ein Land, das diese Form der Strafe hat, kann kein Rechtsstaat sein – oder zumindest kein Mitglied in der EU. Dabei ist es auch in vielen EU-Ländern gar nicht so lange her, dass Menschen durch den Staat zum Tode verurteilt wurden.
Die heutige „Karte der Woche“ zeigt, seit wann es den Tod als Bestrafung in den einzelnen EU-Staaten nicht mehr gibt. Überraschend ist dabei nicht nur, dass manche Länder das Gesetz erst nach der Jahrtausendwende ratifiziert haben. Sondern auch, dass sie bereits lange vorher Mitglied in der EU waren.
Wenn aber ein nationales Gericht eine Todesstrafe verhängt hat (in der EU), kann diese auch vollzogen werden. – Tim Ehlers, Katapult-Magazin
Musterknabe Finnland
In Finnland ist die Todesstrafe 1972 abgeschafft worden. Damit ist Finnland nach der BRD das Land, das am längsten ohne staatliche Todesurteile auskommt. Die letzte Hinrichtung in Friedenszeiten wurde dort 1825 vollzogen. Lediglich zur Zeit des Zweiten Weltkriegs gab es nochmal die Vollstreckung von Todesurteilen: Am 15. September 1944 hängte man drei sowjetische Spione. Obwohl die Todesstrafe erst 1972 aus dem Militärgesetz gestrichen wurde, hatte Finnland in Friedenszeiten schon über 100 Jahre lang kein solches Urteil mehr verhängt.
EU-Mitglied trotz Todesstrafe?
Griechenland ist ein Beispiel dafür, dass zwischen EU-Beitritt und Abschaffung der Todesstrafe auch schon mal 20 Jahre liegen können. Erst im Jahre 2004 haben die Griechen den entsprechenden Paragraphen vollständig abgeschafft. Doch nicht nur Griechenland ist lange vor dem Verzicht auf das Todesurteil Mitglied der Europäischen Union geworden.
Die Todesstrafe ist hierbei sogar mit EU-Recht vereinbar. Zwar können sich die Staaten dafür aussprechen, ihre Bürger weder in Kriegs- noch in Friedenszeiten zum Tode zu verurteilen – dazu verpflichtet sind sie jedoch nicht.
Tim Ehlers ist Redakteur beim Katapult-Magazin für Sozialwissenschaft und Kartografik. In unserer Serie „Karte der Woche“ hat er erklärt, weshalb die Abschaffung der Todesstrafe in der EU immer noch ein aktuelles Thema ist.
Redaktion: Emely Eulig