In Äthiopien folgt auf die schlimmste Dürre seit 30 Jahren nun der langersehnte Regen – und er will gar nicht mehr aufhören. Dörfer und Felder werden überflutet, während andernorts weiter Ernten verdorren und Tiere verdursten. Der diesjährige El Niño hatte die Trockenperiode ausgelöst; jetzt geht es von einen Extrem ins Nächste. Das Wetter spielt verrückt.
Äthiopien leidet unter den Konsequenzen eines Klimawandels, den es selbst nicht verursacht hat, sondern die Industriestaaten. Kein Land kann das alleine lösen. Da sind wir in der Bringschuld. – Till Wahnbaeck, Welthungerhilfe
Vorsorgeprogramme stoßen an ihre Grenzen
Die Regierung hat ein Stück weit aus der Hungersnot 1984 gelernt. Damals sind mindestens eine halbe Million Menschen gestorben. Dürre-Frühwarnsysteme und Arbeitsprogramme für Bauern sind jetzt notwenige Maßnahmen, um die Armut als Folge des Wetterchaos zu bekämpfen.
Man wusste, was kommen würde. Die Regierung wusste das und wir wussten das. – Till Wahnbaeck
Dennoch kommt das Land aus dem permanenten Krisenmodus nicht heraus. Die äthiopische Regierung erntet Kritik, weil sie die Nahrungsmittelkrise nicht selbst in den Griff bekommt. Äthiopien ist auf den Beistand der internationalen Gemeinschaft angewiesen.
Hat die Regierung die Situation im Griff?
Die Wirtschaft in Äthiopien hat einen Aufschwung erlebt, die Städte wachsen. Die Hauptstadt Addis Abeba hat 2015 eine Stadtbahn bekommen – die erste in Afrika südlich der Sahara. Davon profitiert aber nur ein Teil der Bevölkerung. Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander.
Das Wirschaftswachstum kommt nur bestimmten Kreisen zugute. Die Bauern und Hirten in den ländlichen Gebieten sind die Ärmsten der Armen und haben jetzt am meisten zu leiden. – Till Wahnbaeck
Auf dem Land leben nach wie vor Millionen Menschen am Existenzminimum. Äthiopien kann die Hungersnot nicht eigenständig bewältigen. Das Land ist auf die Nahrungsmittellieferungen von Hilfsorganisationen angewiesen. Eine Modernisierung der Landwirtschaft ist dringend nötig: Es fehlt an Kapital, Maschinen und hochwertigem Saatgut. Die „grüne Revolution“ lässt jedoch auf sich warten, sie muss gemeinsam mit der Bevölkerung erarbeitet werden. Nur dann könne die Landreformen Äthiopien unabhängig von Hilfslieferungen machen, sagt Dr. Till Wahnbaeck.
Er ist Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe und erklärt im Interview mit detektor.fm-Moderatorin Anke Werner, warum Äthiopien in einem permanenten Krisenmodus feststeckt. Wahnbaeck ist selbst gerade im Norden des Landes gewesen und weiß, wieso zur Unterstützung der Infrastruktur die Hilfe zur Selbsthilfe entscheidend ist.
Redaktion: Anna-Lena Stumpf