Das Saydnaya-Gefängnis nahe Damaskus ist das berüchtigste Gefängnis in Syrien. In keinem anderen sollen die Haftbedingungen grausamer sein. Ein Bericht von Amnesty International deckt nun auf: Dort wurden Menschen systematisch ermordet. Dabei schätzt die Menschenrechtsorganisation, dass die Regierung von 2011 bis 2015 zwischen 5.000 und 13.000 Regime-Gegner, Demonstranten oder verdächtige Zivilisten in dem Gefängnis hingerichtet hat. Und das ohne ein rechtsstaatliches Verfahren.
Recherche dauerte ein Jahr
Amnesty Inernational hat intensiv in Syrien nach Überlebenden des Gefängnisses gesucht. Außerdem wurde zusammen mit syrischen, aber auch internationalen Organisationen gearbeitet. Gemeinsam haben sie 84 Zeugen gefunden, die schlussendlich den Bericht ermöglichten. Die Aussagen zeichnen ein recht detailliertes Bild des Gefängnisses. Zeugen bestätigten in den Interviews auch Foltermethoden innerhalb des Gefängnisses. Erstmals werden in dem Bericht auch Morde und Massenhinrichtungen detailliert beschrieben.
Im Gespräch mit detektor.fm-Moderatorin Juliane Neubauer hat der Syrienexperte bei Amnesty International Deutschland, René Wildangel, über die Zustände im Saydnaya-Gefängnis gesprochen.
Assad soll Massenhinrichtungen selbst autorisiert haben
Durch die derzeitige Militärjustiz in Syrien hat der Verteidigungsminister die Aufgabe, Todesurteile als höchste Instanz abzusegnen. Von seinen Unterschriften muss Machthaber Baschar al-Assad nach Meinung von Amnesty International gewusst haben.
Wir wollen vor allen Dingen, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Das machen nicht wir, wir haben nur die Beweise dazu gesammelt und internationalen Organisationen zur Verfügung gestellt. – René Wildangel, Amnesty International
Ein Bericht – und nun?
Stellt sich die Frage: Was kann ein solcher Bericht eigentlich bewirken? Schließlich wissen internationale Organisationen schon länger um die Gräuel in Syriens Bürgerkrieg. Dem Europäischen Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) sind die Menschenrechtsverletzungen innerhalb der syrischen Gefängnisse bereits seit 2011 bekannt. Allerdings sind die beschriebenen Dimensionen des Berichts auch für die Anwälte des ECCHR neu.
Es müssen rechtliche Konsequenzen gezogen werden. Es ist ein weiterer Beweis dafür, dass regelmäßig Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien begangen werden. – Patrick Kroker, ECCHR
Nach Ansicht von Patrick Kroker, Anwalt für Menschenrechte bem ECCHR, wurden noch keine rechtlichen Mittel genutzt, um die Kriegsverbrechen zu verurteilen. Es wurde weder der internationale Strafgerichtshof angehört noch ein Ad-Hoc-Tribunal dazu eingesetzt.
Er erläutert im Gespräch mit detektor.fm-Moderatorin Juliane Neubauer, wie wichtig Zeugen aus Syrien sind und welche Mittel jetzt angewendet werden müssen, um diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu beenden.