Handlungsfähiges Europa?
„Wir sollten an der Vision arbeiten, eine echte europäische Armee zu schaffen“. Mit diesem Satz hat sich Angela Merkel gestern an die Abgeordneten des Europa-Parlaments in Straßburg gewandt. Damit schließt sie sich Kommissionschef Juncker und dem französischen Präsidenten Macron an. Beide hatten schon vorher die Idee einer gemeinsame EU-Armee ins Spiel gebracht. Und sie als Lösung sicherheitspolitischer Abhängigkeiten diskutiert.
EU-Armee: mehr Symbolik als Realität
Doch besonders realistisch scheint eine EU-Armee nicht. Auch wenn sich die Forderungen danach gerade wieder häufen. Das liegt vor allem daran, dass soviel Uneinigkeit über die konkreten Aufgaben und die Ausrichtung einer gemeinsamen Armee besteht.
Wir haben einen ganzen Kreis von begleitenden Politiken, in denen wir erst einmal Konsens herstellen müssten, um überhaupt funktional an so etwas anspruchsvolles wie eine europäische Armee herangehen zu können. – Wolfgang Zellner, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Uni Hamburg (IFSH)
Ausdruck weltweiter Unsicherheit
Letztlich ist die Forderung danach, ein europäisches Heer zu schaffen vor allem Ausdruck einer zunehmenden Verunsicherung. Insbesondere die derzeitige Auseinandersetzung in der NATO lässt die Europäer nach zukünftigen Alternativen zur derzeitigen Abhängigkeit suchen.
Frau Merkel hat in der Vergangenheit wiederholt betont, dass wir uns auf die Vereinigten Staaten von Amerika nicht mehr so verlassen können, wie wir das gewohnt sind. Das ist in dieser Allgemeinheit richtig. Aber das ist auch ein großer Unsicherheitsraum. – Wolfgang Zellner
So ist die Forderung nach einer EU-Armee wohl eher als ein Appell an europäische Einigkeit in Zeiten außenpolitischer Herausforderungen zu verstehen.
detekor.fm-Moderatorin Isabel Woop hat mit Wolfgang Zellner vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Uni Hamburg über die Forderung nach einer EU-Armee und die Entwicklung europäischer Sicherheitspolitik gesprochen.
Redaktion: Clara Schulze