Gandhi: Idol und Hassfigur
Während der Gedenkfeiern zum 150. Geburtstag von Mahatma Gandhi sollen Unbekannte seine Asche aus einer Gedenkstätte in Zentralindien gestohlen haben. Inzwischen weist ein Mitarbeiter der Gedenkstätte den Diebstahl aber zurück. Klar ist jedoch, dass Unbekannte während der Gedenkfeier ein Bild Gandhis mit dem Wort „Verräter“ beschmiert haben.
Weltweit gilt Gandhi als Symbol der Freiheit. In Indien ist er ein Nationalheld. Denn mit der Unabhängigkeitsbewegung hat Gandhi die britische Kolonialmacht in die Knie gezwungen und sich für ein säkulares Indien eingesetzt. Die derzeitige Oppositionspartei „Indischer Nationalkongress“ (INC) setzt sich im Sinne Gandhis für ein säkulares und sozialliberales Indien ein.
Für viele radikale Hindus ist Gandhi jedoch eine Hassfigur, gerade wegen seiner Idee eines säkularen Staats. Im Mai ist die rechtskonservative und hindu-nationalistisch orientierte Partei BJP („indische Volkspartei“) mit dem amtierenden Präsident Modi wiedergewählt worden.
Hier in Indien versteht man in weiten Kreisen, dass der Diebstahl Teil eines Spiels ist, in dem die Radikalen an der Seite einer Bewegung stehen, die weit in die Mitte der Gesellschaft reicht. Gandhi hätte sich das Ganze wahrscheinlich weggewünscht, denn er hat von einem einigen, großen Indien geträumt. Dieser Traum geht seit einiger Zeit etwas kaputt. – Berthold Kämpfer, Leiter des Goethe-Instituts Neu-Delhi
Verbleib der Asche unklar
Nach der Einäscherung Gandhis ist seine Asche an Gemeinden in ganz Indien verteilt worden. In verschiedenen Städten und Gemeinden haben damals Trauerfeiern stattgefunden. Nach hinduistischem Brauch ist die Asche in Flüsse und Gewässer verstreut worden. So ist beispielsweise 2008 ein Teil der Asche Gandhis aufgetaucht. Ein Freund der Familie Gandhis hatte die Asche aufgehoben, anstatt sie einem Museum zu übergeben.
Über die öffentliche Wahrnehmung Gandhis im heutigen Indien hat detektor.fm-Moderatorin Lara-Lena Gödde mit Berthold Franke, dem Leiter des Goethe Instituts in Neu-Delhi, gesprochen.
Redaktion: Nadja Häse