In der vergangenen Nacht sind in Kairo 26 Menschen bei Straßenkämpfen ums Leben gekommen, davon sind 22 koptische Christen und vier Soldaten. Die Ausschreitungen zwischen Muslimen, Militär und koptischen Christen seien die schlimmsten seit dem Sturz des ehemaligen ägyptischen Machthabers Husni Mubarak im Februar. Zunächst demonstrierten rund zweitausend koptische Christen friedlich gegen einen Brandanschlag von radikalen Muslimen auf eine Kirche im Süden des Landes. Doch am frühen Abend eskalierte die Situation vor dem Gebäude des Staatsfernsehens: ein gepanzertes Militärfahrzeug raste in die Menschenmenge, Steine und Brandbomben wurden eingesetzt. Ob die Gewalt von Demonstrantenseite oder vom Militär ausging, ist bislang noch unklar.
Fest steht jedoch, dass die koptische Minderheit in Ägypten, die etwa sieben bis neun Millionen der Ägypter ausmacht, immer wieder Opfer von Angriffen durch radikale Muslime sind. Der Generalbischof der koptisch-orthodoxischen Christen in Deutschland, Anba Damian, ist entsetzt über das brutale Vorgehen des Militärs:
Das hat alle Maße überschritten. Dass wir von einzelnen Personen oder Extremisten angegriffen werden, das ist für uns mehr oder weniger bekannt. Aber das wir von einem Apparat wie der Armee systematisch angegriffen werden, das kann man nicht mehr aushalten. (…) Die Armee ist da, um uns in Schutz zu nehmen, und nicht um uns kaputt zu machen.
Seit heute Vormittag gehen bei ihm ununterbrochen Telefonate, E-Mails und Facebook-Nachrichten ein. „Die Kopten möchten ihr Heimatland verlassen, weil sie sich schutzlos fühlen“, so Damian. Er fordert außerdem die Bundesregierung zum Handeln auf.
Die Straßenkämpfe zwischen Kopten und Militär dauern weiter an. Tausende koptische Christen demonstrieren vor dem Krankenhaus, in das die meisten der 350 Verletzten eingeliefert wurden. Die Angriffe auf die Minderheit der koptischen Christen durch Muslime haben in letzter Zeit zugenommen. Wie sich die Situation der Kopten seit dem Sturz Mubaraks geändert hat und welche Rolle sie überhaupt in Ägypten spielen, erklärt Anba Damian im detektor.fm-Interview.