Nach der Europawahl
Bei der Europawahl zeigte sich eine deutliche Spaltung in Deutschland: Die Grünen haben im Westen dominiert. Im Osten hingegen ist die AfD stärkste Kraft geworden. Das sieht man auch auf europäischer Ebene:
Deutschland ist gewissermaßen Europa in der Nussschale. Wir haben ein gespaltenes Deutschland, wie ein gespaltenes Europa. – Albrecht von Lucke, Blätter-Redakteur
Die Wahl nach der Wahl ist jedoch die viel entscheidendere: Wer wird EU-Kommissionspräsident oder -präsidentin? Wahrscheinlich wird Manfred Weber (EVP) zu schwach sein, vermutet Albrecht von Lucke. Und auch Timmermans werde nicht die entscheidende Rolle spielen können, weil die Sozialdemokraten eben nur zweite Kraft hinter den Konservativen geworden sind. Deshalb spreche vieles dafür, dass Margrethe Vestager, die Spitzenkandidatin der Liberalen, zum Zuge kommt. Da sie keine Kandidatin der beiden Volksparteien ist, wäre das eine gewaltige Revolution.
Es werden aber auch noch andere Namen gehandelt, die keine Spitzenkandidaten sind. Mit der Wahl eines solchen Kandidaten würde man das Parlament allerdings dezidiert schwächen und den langjährigen Prozess der Aufwertung des Parlamentes abrupt unterbrechen, mahnt Blätter-Redakteur Steffen Vogel.
„Du glückliches Österreich“
Die Regierung in Österreich ist gefallen: Am Montag wurde Bundeskanzler Sebastian Kurz durch ein Misstrauensvotum gestürzt. Auf die Schnelle wurde ein Interimskabinett zusammgestellt, das nur wenige Tage im Amt sein wird. Hintergrund ist die sogenannte Ibiza-Affäre.
Allein internationaler Druck sorgte für den Fall dieser Regierung, zum Glück für Austria. – Raphaela Tiefenbacher, Juristin
Der Rückzug von Heinz-Christian Strache und der FPÖ aus der Regierung wird die nationale Politiklandschaft verändern. Aber die strukturellen Zusammenhänge, gesellschaftlichen Tendenzen und wirtschaftlichen Kooperationen, die all dies hervorbrachten, bleiben bestehen, schreibt Raphaela Tiefenbacher.
Huawei und die neue Geopolitik
Der neue Mobilfunkstandard 5G soll unsere Kommunikation revolutionieren: schnelle Netze mit großer Reichweite. Im Schatten dieses technologischen Umbruchs passiert jedoch eine gewaltige geopolitische Umwälzung, stellt Blätter-Redakteur Daniel Leisegang fest. Denn in ganz Europa baut China seinen Einfluss immer weiter aus. Die USA befürchten dadurch ihre geopolitische Hegemonie zu verlieren. Sie haben deshalb bereits den Telekommunikationsnotstand ausgerufen und Huawei auf eine schwarze Liste gesetzt.
Die meisten europäischen Regierungen wollen es sich mit Peking jedoch nicht verscherzen. Sie brauchen China als Handelspartner und haben es versäumt, selbst digitale Schlüsseltechnologien zu erforschen und zu fördern. Der Entwicklung, dass China unaufhaltsam zur neuen wirtschaftlichen Supermacht heranwächst, muss die EU jedoch etwas entgegensetzen – und zwar eine radikale wirtschaftspolitische Wende.
Teherans Flucht nach vorn
Teheran dreht den Spieß um: Genau ein Jahr nachdem sich die USA aus dem Atomabkommen mit Iran zurückgezogen haben, kündigt der iranische Präsident Rohani an, dass auch sein Land Teile der Abmachung nicht mehr umsetzen wird. Damit spitzt sich der Konflikt gefährlich zu. Wenn das Abkommen vollständig scheitert, dann droht die sicherheitspolitische Lage in der Region zu eskalieren. Aber noch ist es nicht zu spät, um die Vereinbarung zu retten, meint die Politikissenschaftlerin Azadeh Zamirirad.
Über diese Themen spricht detektor.fm-Moderatorin Helena Schmidt mit der Blätter-Redaktion und den genannten Gesprächspartnern und -partnerinnen.