Grüne Eintracht, schwarzes Chaos
Wir haben in den letzten Tagen eine absurde Verkehrung der politischen Verhältnisse erlebt: Auf der einen Seite der Machtkampf in der Union, der letztendlich zu ihrer Selbstdemontage geführt hat. Die Umfragewerte der CDU/CSU brechen ein, Mitglieder treten aus. Und das nur wenige Tage nachdem Armin Laschet als deren Kanzlerkandidat ausgerufen wurde. Ganz anders bei den Grünen: Die Aufstellung Annalena Baerbocks zur Kanzlerkandidatin lief deutlich geordneter und geschlossener. In manchen Umfragen haben die Grünen die Union bereits überholt. Blätter-Redakteur Albrecht von Lucke sieht jedoch in keinem von beiden einen starken Kandidierenden.
Am Ende bekommen wir es wahrscheinlich mit einer schwachen schwarz-grünen Mehrheit zu tun, die aber nicht viel reißen kann. Oder sogar mit der Notwendigkeit einer Jamaika-Koalition.
Albrecht von Lucke
Mythos Biokraftstoff: Alles grün im Tank?
Der Verkehr ist global betrachtet einer der großen Treiber des Klimawandels: er verantwortet etwa ein Viertel der menschlichen Treibhausgasemissionen. Die Bundesregierung will sich noch auf den letzten Metern dieser Legislaturperiode auf ein Gesetz zum Klimaschutz im Verkehr einigen. Bis Juni muss sie die EU-Richtlinie „RED II“ – die Neufassung der Renewable Energy Directive – umsetzen. Diese Richtlinie macht Vorgaben zu erneuerbaren Energien im Verkehrssektor bis 2030. Die Journalistin Heike Holdinghausen sieht in solchen Gesetzen jedoch eine Verschwendung von Zeit, die weder der Artenvielfalt zugutekommt noch gegen Klimawandel hilft.
Es ist richtig, dass wir von fossilen Kraftstoffen wegkommen müssen. Es zeigt sich nur schon jetzt, dass die post-fossile Ära nicht unbedingt nachhaltiger sein wird.
Heike Holdinghausen
Missbrauch mit System
Seit über zehn Jahren ist sexualisierte Gewalt durch Angehörige des katholischen Klerus ein wiederkehrendes Thema in Medien, Justiz und Politik. Doch bis heute besteht die Antwort der Kirche in leeren Beteuerungen und der Herausgabe geschwärzter Akten. Die Theologin und Publizistin Doris Reisinger sieht im sogenannten sexuellen Missbrauch weniger die Ursache als vielmehr ein Symptom der Kirchenkrise. Die autoritär-patriarchalische Kirche, wie wir sie kennen, hat keine Zukunft:
Die katholische Kirche, wie wir sie kannten, ist am Ende. Das heißt aber nicht, dass die katholische Kirche keine Zukunft hat. Es heißt, dass sie sich radikal verändert.
Doris Reisinger
Bolsonaros Politik des Todes
In Brasilien spielt sich momentan eine Tragödie ab: Das bevölkerungsreichste Land Lateinamerikas steckt in der bisher dramatischsten Phase der Corona-Pandemie. Mit zwischendurch über 100 000 Neuinfektionen pro Tag und immer neuen Rekorden bei den täglichen Todesfällen steuert das Land aktuell auf die Marke von einer halben Million Toten zu. Die Blätter-Redakteurin Anne Britt Arps sieht jedoch nicht nur die Gesundheit der Bevölkerung in Gefahr, sondern auch die demokratischen Grundfesten Brasiliens.
Verantwortlich für diese beispiellose Gesundheitskrise ist allen voran der rechtsextreme Präsident Jair Bolsonaro. Er hat von Anfang an Covid-19 als kleine Grippe heruntergespielt.
Anne Britt Arps
Über diese Themen spricht detektor.fm-Moderatorin Helena Schmidt mit Autorinnen und Autoren der Blätter für deutsche und internationale Politik.