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Flüchtlingskontingente als Kompromiss?
Sind Flüchtlingskontingente der Kompromiss im Koalitionsstreit zum Thema Flüchtlinge? Zuletzt geisterte der Begriff der Transitzonen durchs politische Berlin. Auf die Flüchtlingskontingente scheint man sich aber besser einigen zu können. Bereits im September hat sich Bundesinnenminister Thomas de Maizère für eine Kontingentlösung ausgesprochen.
Begrenzung von Flüchtlingen als Streitthema
Hinter dem sperrigen Begriff steckt eine einheitliche europäische Asylpolitik. Damit soll die Zahl der nach Europa kommenden Flüchtlinge möglichst schon vor dem Asylantrag beschränkt werden. Dazu sollen für gesamt Europa feste Obergrenzen von Flüchtlingen festgelegt werden.
Wenn es in der Tat so ist, dass man individuell keine Möglichkeit mehr hat, nach Europa zu kommen, um hier dann seinen eigenen Asylantrag zu stellen, dann kämen Kontingente faktisch einer Obergrenze gleich. – Wiebke Judith, Amnesty International
Die SPD hat den Vorschlag im September abgelehnt. Inzwischen hat sich die Bundesregierung jedoch offenbar auf eine neue Version der Flüchtlingskontingente geeinigt und diesmal ist die SPD mit im Boot.
Entlastung für die Türkei und den Libanon
Demnach hat sich die Große Koalition darauf verständigt, dass mit der Türkei legale Flüchtlingskontingente für ganz Europa vereinbart werden sollen. In der Türkei leben derzeit rund 2,5 Millionen Flüchtlinge, die auf eine Einreise nach Europa hoffen.
Die Idee der Flüchtlingskontingente geht quasi dahin, dass man sagt, die Außengrenzen der EU werden konsequent abgeschottet. – Wiebke Judith, Amnesty International
Durch die Einführung der Kontingente sollen demnach die Türkei und der Libanon entlastet werden. Die Plan der Regierung sieht derzeit vor, die Flüchtlinge auf die gesamte Europäische Union zu verteilen. Durch diese Regelung soll dann auch erreicht werden, dass Flüchtlinge auf sicherem Weg nach Europa einreisen.
Verstoß gegen Europäisches Recht?
Die Türkei müsste im Gegenzug ihre Grenze sichern und sich verpflichten, Flüchtlinge, die dennoch irregulär in die EU kommen, zurückzunehmen. Solch eine eventuelle Zurückweisung von Flüchtlingen widerspricht allerdings der Genfer Flüchtlingsskonvention und der europäischen Menschenrechtskonvention. Darin heißt es nämlich, dass jeder Flüchtling ein Recht auf Asyl hat, wenn ihm Krieg und Verfolgung drohen.
Was Flüchtlingskontingente in der Praxis bedeuten würden und wie die rechtliche Situation konkret aussieht, darüber hat detektor.fm-Moderator Konrad Spremberg mit Wiebke Judith von Amnesty International gesprochen.
Redaktion: Mirjam Ratmann