Seit dem versuchten Militärputsch sind in der Türkei mehr als einhundert einheimische Journalisten verhaftet sowie Zeitungen und Rundfunksender geschlossen worden. Auch für ausländische Kollegen wird der Raum für freie Berichterstattung immer kleiner. Seit dieser Woche sitzt ein deutscher Journalist offiziell in Untersuchungshaft: Deniz Yücel, Korrenspondent der Welt.
Deniz Yücel – deutscher Journalist in türkischem Gefängnis
Deniz Yücel ist Sohn türkischer Einwanderer und besitzt daher auch die türkische Staatsbürgerschaft. Seit 2015 arbeitet er als Korrespondent in der Türkei für die Zeitung Die Welt. Allerdings berichtete er bereits im Jahr 2014 über die Gezi-Bewegung und die Proteste rund um den Taksim-Platz. Ein Augenmerk seiner Arbeit lag dabei immer auch auf der Pressefreiheit in der Türkei. In der Nacht des gescheiterten Militärputsches im Juli 2016 war er als Berichterstatter tätig.
Bereits im Dezember 2016 geriet er ins Fadenkreuz der türkischen Behörden. Grund waren Ermittlungen gegen das Hackerkollektiv Redhack, über dessen Aktivitäten Yücel berichtet hatte. Zu dieser Zeit hat Deniz Yücel sich selbst nicht in der Türkei aufgehalten. Nach seiner Rückkehr nahm ihn die türkische Polizei dann in gewahrsam und durchsuchte seine Wohnung. Am 27. Februar 2017 kam er schließlich in Untersuchungshaft.
Solidarität gegen Vorwurf nach Schema F
Man wirft Yücel vor, Propaganda für eine terroristische Organisation und Aufwiegelung der Bevölkerung betrieben zu haben. Beschuldigungen, die bereits zu Verhaftungen einheimischer Journalisten geführt haben. Immer geht es dabei entweder um Unterstützung der kurdischen Arbeiterpartei PKK oder der Gülen-Sekte oder beides zusammen.
Selbst von Bundeskanzlerin Merkel wird der Fall als unverhältnismäßig hart eingeordnet. Sie fordert offen Yücels Freilassung. Durch seine Verhaftung ist nun zu befürchten, dass die türkische Regierung auch gegen ausländische Journalisten vorgehen wird. In Deutschland haben sich bereits mehr als 300 Journalisten und Künstler mit Deniz Yücel solidarisiert. Es kam zu Protesten und Autokorsos in Berlin.
Wie der Fall in der Türkei selbst wahrgenommen wird, hat detektor.fm-Moderatorin Juliane Neubauer mit Maximilian Popp, dem Türkei-Korrespondenten des Spiegel besprochen. Noch im November hat er in einem detektor.fm-Interview gesagt, es gebe für Korrespondenten weiterhin Raum zum Berichten. Dieser werde allerdings immer kleiner.
Redaktion: Alexander Goll