Afghanen zurück in ein unsicheres Land?
Auswandern nach Afghanistan? Wieso nicht? Die Bundesregierung und vor allem Innenminister de Maizière setzen sich für eine konsequentere Rückführung von Afghanen ein. Die Wortwahl des Ministers ist meist deutlich: „Wir wollen, dass in Afghanistan das Signal ankommt: ‚Bleibt dort! Wir führen euch aus Europa […] direkt nach Afghanistan zurück!“ Sowohl die Bundesregierung als auch die afghanische Regierung seien daran interessiert, die Zahl afghanischer Zuwanderer in Deutschland zu reduzieren.
Abschiebungen werden forciert
Der politische Druck wirkt sich auch auf die Praxis im Bundesamt für Migration aus. Im Jahr 2015 ist 78 Pozent der Afghanen Asyl gewährt worden, während in diesem Jahr lediglich knapp die Hälfte der Anträge positiv beschieden worden ist. Begründet wird das mit der „verbesserten Sicherheitslage“. Doch viele Beobachter bezweifeln das. Denn allein in der ersten Hälfte dieses Jahres sind so viele Afghanen gestorben wie seit fünf Jahren nicht mehr.
Fluchtalternativen?
Der Innenminister verweist auf Fluchtalternativen in Afghanistan selbst. Neben den unsicheren Regionen in Afghanistan, zum Beispiel Kundus, gibt es nach Einschätzung der Bundesregierung, ausreichend sichere Rückzugsgebiete. Das Bundesamt für Migration berücksichtigt das nun vermehrt bei den Aufenthaltsrechtsentscheidungen. Außerdem geht es um den Begriff der „Gefahrendichte“. Diese Kenziffer soll die Wahrscheinlichkeit dafür angeben, Kriegs-Opfer zu werden. In der afghanischen Provinz Ghazni liegt die Gefahrendichte beispielsweise bei ungefähr 0,04 Prozent. Ein Vergleich: Die Gefahrendichte in Dresden während des Zweiten Weltkriegs betrug etwa zehn Prozent. Das Risiko für Leib und Leben hält man an vielen deutschen Gerichten für zumutbar. Eine relevante Gefahrendichte liege bei rund 50 Prozent.
detektor.fm-Moderatorin Jennifer Stange hat mit Helene Heuser von der Universität Hamburg über das Thema gesprochen. Heuser forscht und lehrt dort an der Refugee Law Clinic.