Spätestens seit der Veröffentlichung des McLaren Reports hat auch das IOC eingestehen müssen, dass Russland systematisches Staatsdoping betrieben hat. Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA forderte daraufhin einen Komplettausschluss des russischen Teams für die Olympischen Spiele 2016 in Rio. Doch anstatt ein klares Zeichen im Kampf gegen Doping zu setzen, hat sich das Internationale Olympische Komitee entschieden, Russland unter bestimmten Auflagen die Teilnahme an den Spielen zu ermöglichen.
Weltverbände in der Verantwortung
Die Verantwortung über die Teilnahme der betroffenen Sportler ist den einzelnen Weltverbänden übertragen worden. Um bei Olympia 2016 starten zu können, müssen die russischen Athleten nun nachweisen, dass sie nicht im Staatsdopingsystem involviert waren. Für die Entscheidung der Verbände bleiben dabei weniger als zwei Wochen und ein einheitliches Kontrollsystem fehlt ebenfalls. Daher ist fraglich, ob in so kurzer Zeit gerechte und nachvollziehbare Urteile getroffen werden können.
Das wird eine Riesenmauschelei und ist immer davon abhängig, wie unabhängig der jeweilige Weltverband ist. Es ist ein reines Macht-Dealen und bringt alles nichts. – Ines Geipel, Präsidentin des Vereins „Doping Opfer Hilfe“
Erste Reaktionen auf die Entscheidung des IOC gibt es bereits. So lassen zum Beispiel der internationale Tennis- oder Judoverband alle russischen Sportler starten, wohingegen der Leichtathletikverband schon vor einiger Zeit das komplette Team suspendiert hat.
Russland und das IOC
Der Sportausschuss des russischen Parlaments hat positiv auf die Entscheidung des IOCs reagiert und von einer „rechtmäßigen Lösung“ gesprochen. Ob und wie viel politische Einflussnahme seitens der russischen Regierung stattgefunden hat, kann jedoch nur vermutet werden. Das gute Verhältnis zwischen dem IOC-Präsidenten Thomas Bach und Wladimir Putin ist auf jeden Fall kein Geheimnis.
Es ist natürlich klar, dass wir hier längst im hochpolitischen Bereich sind. Mit dieser Entscheidung des IOCs ist Putin der Mann des olympischen Sports. Das ist alarmierend. – Ines Geipel, Doping-Kritikerin
Ines Geipel zufolge ist auch der Olympia-Ausschluss der russischen Leichtathletin und Whistleblowerin Julija Stepanowa kritisch zu betrachten. Obwohl sie ihre Doping-Sperre bereits abgesessen und entschieden dazu beigetragen hat, das Staatsdoping in Russland aufzudecken, ist ihr die Teilnahme an den Spielen von der Ethikkommission des IOCs untersagt worden.
Warum diese Entscheidungen aus ihrer Sicht ein vollkommen falsches Signal senden, erklärt Ines Geipel im Interview mit detektor.fm-Moderator Lucas Kreling. Die Präsidentin des Vereins „Doping Opfer Hilfe“ ist als ehemalige Leichtathletin in der DDR selbst Opfer von staatlich organisiertem Zwangsdoping gewesen.