Spicken im Zeitalter der Transparenz
Not macht erfinderisch, und selten im Leben ist die Not so groß wie vor dem Abitur. Einen Schüler aus Nordrhein-Westfalen hat das zu kreativen Höchstleistungen angespornt: Er hat beim Bildungsministerium von Nordrhein-Westfalen die Einsicht seiner Abi-Prüfung verlangt – und zwar vor dem Prüfungstermin. Berufen hat sich der Abiturient dabei auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG).
Das IFG wurde 2006 eingeführt, um mehr Transparenz in der Verwaltung zu schaffen. Konkret bedeutet das: Behörden und Ministerien sind angehalten, Bürgern auf Anfrage Informationen zur Verfügung zu stellen – vorausgesetzt, dass dadurch andere Rechtsgüter nicht verletzt werden.
Wir sehen das jedes Jahr an den Anfragen, die wir über Frag den Staat haben, dass wieder Abi-Zeit ist, weil dann immer wieder Leute darauf kommen, dass sie frühere Aufgaben rauskriegen können. – Arne Semsrott, Projektleiter bei Frag den Staat
Die Grenzen der Informationsfreiheit
Dass solch eine Regelung regelmäßig Interessenkonflikte zu Tage fördert, liegt auf der Hand. Denn die Informationspflicht besteht für die Behörden nicht, wenn die fragliche Auskunft den „Erfolg […] behördlicher Maßnahmen vereitelt“. So steht es im Bundesgesetz. Im Falle der Abiturprüfung hatte der Schüler mit seinem Antrag deshalb keinen Erfolg.
Die haben letztlich dann einen Paragraphen gefunden, den ‚Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses‘, nach dem die das dann nicht rausgeben mussten. – Arne Semsrott
detektor.fm-Moderatorin Isabel Woop hat mit Arne Semsrott über gerissene Informationsanträge gesprochen. Er betreibt die Transparenzinitiative Frag den Staat, die Bürger bei ihren Anträgen unterstützt.
Redaktion: Johannes Schmidt