Der Fall „Lifeline“
Die „Lifeline“ hat Mitte Juni 235 Menschen vor der libyschen Küste gerettet. Gemäß dem Seerecht hätte die Crew daraufhin den nächsten sicheren Hafen ansteuern sollen – doch Italien und Malta haben sich gegen die Aufnahme geweigert.
Eine Woche lang musste das Schiff auf dem Mittelmeer ausharren. Erst nachdem sich Frankreich und Spanien zur Aufnahme der Geretteten bereit erklärt hatten, gab es von der Bundesregierung eine Stellungnahme.
Nach voneinander unabhängigen Recherchen haben Buzzfeed News und FragdenStaat Einsicht in einige interne E-Mails erhalten. Diese dokumentieren die Entscheidungsprozesse der Bundesregierung.
Seehofer lässt auf sich warten
Die Unterlagen zeigen, dass das Auswärtige Amt sich mit dem Anliegen an das Innenministerium gewandt hatte. Da der Innenminister mit seiner Stellungnahme lange auf sich warten ließ, liegt laut Arne Semsrott von FragdenStaat ein absichtliches Hinauszögern nahe. Auch Seehofers klare Fürsprache hinsichtlich der strafrechtlichen Verfolgung der Lifeline-Crew erweitert diesen Verdacht.
Da ist schon eine sehr ablehnende Haltung gegenüber Seenotrettung zu erkennen. Man kann mit gutem Grund mutmaßen, dass das auch dazu geführt hat, dass Seehofer hier ganz lange keine Entscheidung treffen wollte. – Arne Semsrott, FragdenStaat
Bundeskanzlerin traf die endgültige Entscheidung
Tatsächlich hatte letzten Endes Kanzlerin Merkel über Deutschlands Umgang mit der Lifeline entschieden. Trotz der Dokumente bleiben Details zu ihrer Entscheidung aber weiterhin unklar. Die Regierung beruft sich dabei auf den sogenannten „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“.
Das ist ein Heiligtum für das Kanzleramt. Darauf kann man sich nämlich sehr schön zurückziehen. Das ist ein nicht klar definierter Ausnahmegrund und da sagt man dann: ‚Alles, was diesen Kernbereich betrifft, halten wir geheim‘. – Arne Semsrott
Über die Erkenntnisse aus internen E-Mails zum Rettungsschiff Lifeline hat detektor.fm-Moderatorin Isabel Woop mit Arne Semsrott von FragdenStaat gesprochen.
Redaktion: Valérie Eiseler