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Darf schwerkranken Patienten der Zugang zu tödlichen Betäubungsmitteln ermöglicht werden? Foto: Patrick Thomas | Shutterstock
Bild: Patrick Thomas | Shutterstock

Frag den Staat | Konflikt um Sterbehilfe-Urteil

Ministerium vs. Verwaltungsgericht

Das Bundesgesundheitsministerium fordert die Ablehnung von Anträgen auf Sterbehilfe von schwerkranken Patienten. Und wendet sich damit gegen ein rechtskräftiges Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.

Legale Sterbehilfe?

Darf der Staat schwerkranken Patienten den Zugang zu medizinischer Sterbehilfe ermöglichen? In besonderen Notfällen ja – so lautet jedenfalls das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom Frühjahr 2017. Patienten „in extremen Ausnahmesituationen“ darf der Zugang zu Betäubungsmitteln zur Selbsttötung nicht verweigert werden. Seitdem haben etwa 100 Menschen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen Antrag auf diesen Zugang gestellt.

Warten auf Zugang zu Betäubungsmitteln

Offensichtlich entspricht das Urteil aber nicht den Vorstellungen des Bundesgesundheitsministeriums. In einem vor kurzem veröffentlichten Schreiben fordert Lutz Stroppe, Staatssekretär des Gesundheitsministeriums, das Bundesinstitut für Arzneimittel dazu auf, alle Anträge auf Zugang zu tödlichen Medikamenten abzulehnen. Gesundheitsminister Jens Spahn wolle so für mehr Klarheit in der “Sterbehilfe”-Debatte sorgen, schreibt die Süddeutsche.

Man kann das schon sehr klar als einen Erlass interpretieren. Das heißt, das ist nicht nur einfach eine Bitte, sondern wurde tatsächlich so angeordnet vom Bundesministerium. Also wird das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte jetzt keine totbringenden Medikamente aushändigen. Hier gehen Exekutive und Judikative auf jeden Fall in unterschiedliche Richtungen. – Arne Semsrott, FragdenStaat.de

Bundesinstitut für Arzneimittel im Zwiespalt

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte steht jetzt also vor einem Dilemma. Da es dem Gesundheitsministerium unterstellt ist, wird es dessen Aufforderung befolgen müssen. Es handele sich bei dem Schreiben um eine “schriftliche Aufforderung mit rechtsverbindlichem Charakter”. Allerdings werden sie damit gleichzeitig das rechtskräftige Urteil aus Leipzig ignorieren. In letzter Instanz wird wohl doch das Bundesverfassungsgericht über die staatliche Rolle bei der Vergabe von Suizidarzneien entscheiden müssen.

Das Bundesgesundheitsministerium begründet seine Forderung mit der Sorge um eine anschließend „entstehende Routine” bei der Verabreichung tödlicher Betäubungsmittel. Der Staat dürfe die Selbsttötung nicht unterstützen.

Über die Ablehnung der Sterbehilfe des Bundesgesundheitsministeriums hat detektor.fm-Moderatorin Sara Steinert mit Arne Semsrott von FragdenStaat.de gesprochen.

Arne Semsrott  - ist Projektleiter bei der gemeinnützigen Plattform FragdenStaat.de.

ist Projektleiter bei der gemeinnützigen Plattform FragdenStaat.de.
Wir sagen, wenn solche wichtigen Entscheidungen – für viele Menschen ja tatsächlich die zentrale Frage ihres Lebens – von solchen Schreiben abhängen, dann müssen auch solche Dokumente veröffentlicht werden, damit alle sich ein eigenes Bild machen können.Arne Semsrott
Frag den Staat | Urteil über Sterbehilfe 07:06

Redaktion: Valérie Eiseler

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