Urheberrecht als Mittel der Zensur?
Am vergangenen Montag hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Grundsatzentscheidung über die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Urheberrecht gefällt. Das Ergebnis lautet: Ist ein Dokument urheberrechtlich geschützt, darf es auch nur von den Urhebern selbst veröffentlicht werden. Also in der Regel nicht von Journalisten.
Einige Ausnahmen räumt der EuGH aber ein. Gibt es zum Beispiel einen tagesaktuellen Bezug, dürfen Dokumente trotz Urheberrecht publiziert werden. Bezogen auf den Einzelfall wirft das jedoch weitere Fragen auf. Wann beispielsweise ein Bericht als tagesaktuell gilt und unter welchen Bedingungen das Urheberrecht überhaupt greift, ist undurchsichtig und weiterhin strittig.
Ob sich zum Beispiel auch eine Berichterstattung in neuen Medien wie Youtube für tagesaktuelle Ereignisse qualifiziert, das ist alles gar nicht so klar. – Arne Semsrott
Der Fall „Afghanistan-Papiere“
Streitpunkt und Auslöser der Entscheidung am Europäischen Gerichtshof war die Publizierung der sogenannten „Afghanistan-Papiere”. 2010 hat die Recherche-Redaktion der Funke-Mediengruppe 5 000 Seiten aus militärischen Berichten über den Afghanistan-Einsatz veröffentlicht. Anschließend hat das Verteidigungsministerium die Mediengruppe wegen Verletzung des Urheberrechts verklagt – und Recht bekommen.
Ob die militärischen Berichte jetzt wirklich unter das Urheberrecht fallen, muss noch geklärt werden. Der EuGH sieht den Verhalt kritisch. Die Entscheidung wird nun der Bundesgerichtshof fällen.
Über das Urteil des EuGH und die Auswirkungen der Entscheidung für die Pressefreiheit hat detektor.fm-Redakteurin Lara-Lena Gödde mit Arne Semsrott von FragDenStaat gesprochen.
Redaktion: Leora Koch