Eigentlich hätte der nach den Terroranschlägen von Paris verhängte Ausnahmezustand im Juli enden sollen. Doch nach dem Attentat in Nizza hat das französische Parlament beschlossen, den Ausnahmezustand um weitere sechs Monate zu verlängern. Die Regierung wollte ihn um drei Monate verlängern, die konservative Opposition hat die doppelte Zeit gefordert.
Ausnahmezustand und Demonstrationsrecht: Grundrechte eingeschränkt
Der Ausnahmezustand wird ausgerufen, wenn einem Land unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung droht. Dieses Notstandsrecht ermöglicht der Regierung weitreichende Befugnisse, um bürgerliche Rechte einzuschränken.
In Frankreich bedeutet das aktuell, dass Ausgangssperren verhängt, der freie Verkehr begrenzt und das Versammlungsrecht außer Kraft gesetzt werden kann. Außerdem dürfen öffentliche Einrichtungen geschlossen sowie Schutzzonen um „gefährdete Orte“ errichtet werden. Damit will man in erster Linie weitere Anschläge verhindern, doch da mittlerweile aus dem Ausnahme- ein Dauerzustand geworden ist, sind auch andere Bereiche der Öffentlichkeit betroffen.
„Es ist de facto illegal, zu demonstrieren“
Einschränkungen spürt vor allem die Nuit-Debout-Bewegung – ein soziales Bündnis gegen die geplanten Reformen des Arbeitsrechts. Da es bei von ihnen veranstalteten Demonstrationen häufig zu Ausschreitungen kommt, nutzt der Staat die Notstandsgesetze, um diese unter Kontrolle zu halten.
Es ist zurzeit in Frankreich de facto illegal zu demonstrieren und sich in Form von Demonstrationen kritisch zu äußern. Man geht das Risiko ein, verprügelt, willkürlich festgenommen und verurteilt zu werden. – Joshua S., Berliner Student und Teilnehmer einer Nuit-Debout-Demo
Bei den Protesten herrscht oftmals massive Polizeigewalt, es kommt immer wieder zu unbegründeten Verhaftungen und manchen Leuten wird die Teilnahme an den Demonstrationen sogar von vorneherein verboten. Diese Taktik der Eskalation und Einschüchterung soll offenbar vor allem andere Bürger davon abhalten, sich den Versammlungen anzuschließen.
Der Berliner Student Joshua S. hat das am eigenen Leib erfahren. Im Rahmen einer Studienarbeit besuchte er als Beobachter eine Nuit-Debout-Demonstration in Paris und wurde dabei verhaftet. Warum das passiert ist und womit sich Demonstrationsteilnehmer in Frankreich derzeit konfrontiert sehen, berichtet er im Interview mit detektor.fm-Moderatorin Sara Steinert.