Gemeinnützigkeit als Zufall?
Wann gilt in Deutschland ein Verein als gemeinnützig? Welche Probleme gibt es bei der Beurteilung der Gemeinnützigkeit, also der Entscheidung, ob ein Verein gemeinnützig ist oder nicht?
Diesen Fragen hat sich das „Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement“ gewidmet und mit Unterstützung der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung eine Untersuchung für gesellschaftliche Vereine und Organisationen durchgeführt.
Vereine vs. Finanzämter
In Deutschland haben gesellschaftliche Vereine oder Stiftungen, die den Status der Gemeinnützigkeit beim Finanzamt beantragen, demnach keinen leichten Stand. Denn bei den Ämtern liegen hierfür keine eindeutigen Bewertungsmuster vor. Die Folge ist, dass Vereine von einigen Finanzämtern als gemeinnützig anerkannt werden, von anderen wiederum nicht.
Unsere Studie zeigt, dass die bisherige Gesetzeslage, die über Gemeinnützigkeit entscheidet, nicht eindeutig genug ist. – Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“
Doch für viele Organisationen ist der Status der Gemeinnützigkeit maßgeblich. Denn häufig sind daran finanzielle Vorteile geknüpft. Oftmals können Vereine beispielsweise öffentliche Gebäude nur anmieten, wenn sie offiziell als gemeinnützig anerkannt sind.
Vergabe des Status ist kompliziert
Hinzu kommt, dass sich gemeinnützige Vereine nicht politisch engagieren dürfen. Hier stehen die Entscheidungsträger in den Finanzämtern vor einem Definitionsproblem. Denn vielen gilt der Einsatz für Grund- und Menschenrechte als politisches Engagement. Die komplizierte Vergabe des Status der Gemeinnützigkeit wird so zur Lotterie.
Warum gemeinnützige Vereine nicht politisch sein dürfen, verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Weil ich finde, gemeinnützige Arbeit ist eigentlich immer politisch. Denn sie richtet sich ja an die Gesellschaft. – Stefan Diefenbach-Trommer
Über die Ergebnisse der Studie und die damit verbundenen Probleme, die gesellschaftliche Stiftungen und Vereine in Deutschland haben, hat detektor.fm-Moderatorin Isabel Woop mit Stefan Diefenbach-Trommer gesprochen. Er ist Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ und Autor der Untersuchung.