„Die Rente ist sicher“
Das verkündete 1986 der damalige Arbeitsminister Norbert Blüm. Jetzt nimmt er seinen Slogan zurück und behauptet das Gegenteil:
„Wenn das Rentenniveau weiter so sinkt wie in den letzten Jahren, dann kommt man in die Nähe der Sozialhilfe, was die Rentenversicherung nicht nur um ihren guten Ruf bringt, sondern auch um ihre soziale Sicherungsfunktion“.
Auch Angela Merkel sagte zum Festakt „125 Jahre Rentenversicherung“ erstmals offen, dass die gesetzliche Rente für folgende Generationen nicht reichen wird.
Der demographische Wandel wird oft als zentrales Problem des Rentensystems gesehen. Unsere Gesellschaft schrumpft und wird immer älter. Die Folge: In Zukunft werde es immer mehr Rentenempfänger bei immer weniger Beitragszahlern geben.
Demographie ist nicht das Hauptproblem der Rente
Es gibt aber auch Kritiker, die das anders sehen: Zwar gebe es immer weniger junge Menschen in Deutschland, aber diese haben insgesamt gesehen immer mehr Vermögen, das in die Rentenkassen fließen könnte. Denn das Vermögen der deutschen Haushalte hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt.
Das Problem dabei sind zum einen diejenigen, die nicht in die Rentenkassen einzahlen – also Beamte, Richter, Soldaten und Pfarrer, oder Ärzte und Rechtsanwälte, die sich von der Versicherungspflicht befreien lassen können.
Zum anderen ist es die Gehaltsgrenze, ab der der Beitrag zur Rentenkasse nicht mehr steigt. Die liegt bei 70.000 € im Jahr. So zahlt jemand, der 70.001 € im Jahr verdient, genau so viel in die Rentenkasse ein, wie jemand, der ein Einkommen von beispielsweise 900.000 € hat.
Statistiken der Bundeszentrale für politische Bildung zufolge besitzen die reichsten 10 Prozent der Gesellschaft 23 Prozent des sog. Nettoäquivalenzeinkommens. Würden also mehr Menschen in die Rentenkassen einzahlen und würden diejenigen, die es sich leisten können, einen größeren Beitrag beisteuern, würde sich der Konflikt „Alt gegen Jung“ entschärfen.
Derzeit sind die Rentenkassen voll, aber: Bis 2019 wird die Nachhaltigkeitsreserve durch die Rente mit 63 und die Mütterrente aufgefressen sein. Für die nächsten Generationen wird das Renteneinstiegsalter auf 67 Jahre steigen.
Merkel mahnt Schritte gegen Altersarmut an
Durch die Riester-Reform hat sich einiges in der Rentenversicherung geändert. Das klassische Umlagesystem wurde ergänzt durch private Vorsorge, die dann der Staat bezuschusst.
Diejenigen, die es am Dringendsten bräuchten, tun es nicht und können es sich nicht leisten (Wolfgang Gründinger über die Riester-Rente)
Der Paritätische Gesamtverband warnt daher vor einer Lawine der Altersarmut, sollte die Politik kein Umdenken einleiten. Auch der soziale Konfliktstoff zwischen den Generationen würde zunehmen.
Nur: statt konsequenter Reformen hat die Bundesregierung bisher eher dürftige Lösungen für das Problem. Die Erwerbsbeteiligung der 55- bis 64-Jährigen soll weiter steigen und wer im Alter abgesichert sein will, muss privat vorsorgen. Trotz der zunehmenden Kritik hält Angela Merkel auch in Zukunft die Riester-Rente für wegweisend. Das bedeutet für die junge Generation in Zukunft neben höheren Rentenbeiträgen auch die Last, privat ausreichend zurücklegen zu müssen.
Wir sprechen über diese Fragen mit Wolfgang Gründinger von der „Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen“ – und er lässt im Interview mit Moderator Alex Hertel kein gutes Haar an der aktuellen Rentenversicherung.
Redaktion: Luisa Sancelean / Matthis Jungblut