Bürgerkrieg, Terror-Milizen und Hunger – für die Menschen aus Afrika gibt es mehr als genug Gründe, ihre Heimatländer zu verlassen und nach Europa zu fliehen, und das sind nur die bekanntesten. Was genau einen Menschen dazu bringt, seine Heimat zu verlassen und scih auf eine lange, unsichere Reise zu begeben, ist oft viel komplexer. Viele von ihnen versuchen auf maroden Booten das Mittelmeer zu überqueren oder es direkt aufs europäische Festland zu schaffen.
Andere nehmen den Weg über die spanischen Exklaven im Norden Marokkos. Wenn man deren Grenzen überwunden hat, befindet man sich faktisch in der EU.
Wellen der Gewalt
Doch das nordafrikanische Königreich verwehrt sich zunehmend den Migrationsströmen und geht gewalttätig gegen die Flüchtenden vor. Die Menschen werden vertrieben, ihre Camps geräumt und angezündet. Erst vor wenigen Tagen sollen bei einer solchen Aktion zwei Menschen ums Leben gekommen sein.
Seit Juli hat sich die Lage komplett und stetig verschlechtert. – Fanny Kniestedt, Journalistin in Marokko
Doch die Schikanierung und Gewalt erreicht da nur ihren Gipfel. Die Menschen werden aus Internetcafés herausgeholt oder auf der Straße aufgegriffen. Sogar Deportationen in die Wüste soll es wieder gegeben haben. Deutlich anstrengender aber ist vermutlich die psychische Belastung für die Geflüchteten: sie müssen stetig damit rechnen, aufgegriffen und deportiert zu werden, was tagelange Fußmärsche zur Folge hat. Oder aber Geld für Tickets erfordert: Geld, dass sich die Menschen zusammenbetteln oder -stehlen müssen, was neue Festnahmen wahrscheinlicher macht.
Vorbild Türkei?
Einiges deutet darauf hin, dass der Grund für Marokkos hartes Durchgreifen die Gespräche zwischen der EU und der Türkei sein könnten. Menschenrechts-Beobachter sehen den Kurs Marokkos schon länger mit Sorge. Das Land hingegen dürfte sich durch den Kurs der Türkei bestätigt fühlen. Die simple Gleichung dort: Flüchtenden den Zugang zur EU verwehren – im Gegenzug wird man wichtiger als Partner und bekommt von der EU finanzielle Zuwendungen.
Eine priviligierte Partnerschaft zwischen Marokko und der EU – Fanny Kniestedt, Journalistin in Marokko
Was hinter der Gewalt gegen Flüchtende in Marokko steckt, hat sich detektor.fm-Moderatorin Astrid Wulf von der Journalistin Fanny Kniestedt erklären lassen. Sie lebt und arbeitet derzeit in Marokko.
Hinweis der Redaktion: Wir konnten Fanny Kniestedt in Marokko erreichen, allerdings nur über Skype, und bitten für die schlechte Tonqualität um Entschuldigung.
Redaktion: Markus Vorreyer